SÜDBLICK-Interview mit Baudezernent Markus Greitemann

SÜDBLICK: Was ist Ihre Leitidee für das Großbauprojekt Rondorf Nordwest?

MARKUS GREITEMANN: Unser Ziel ist ein modernes Stadtquartier für vielfältige Lebensstile und Lebensformen. Dazu gehören konkret: Wir wollen bezahlbaren Wohnraum für viele schaffen, gerade auch für junge Familien; wir setzen auf ein breites Angebot an guten Bildungseinrichtungen, auf hohe Freizeit- und Freiraumqualitäten sowie auf ein innovatives Verkehrskonzept. Das sind für uns wichtige Leitplanken der weiteren Planung.

 

SÜDBLICK: Sehen Sie Rondorf Nordwest als Vorzeigeprojekt oder gar Zukunftsmodell?

MARKUS GREITEMANN: Jedes Projekt ist ein Unikat mit sehr speziellen Bedingungen. Aber hier kann mit Sicherheit ein Vorzeigeobjekt entstehen von besonderer architektonischer und städtebaulicher Qualität, das zugleich auf eine gute soziale Mischung achtet. Wenn wir es schaffen, dass sich die bisherige Bevölkerung mit den vielen Tausend neu Hinzukommenden  zu einer guten Gemeinschaft zusammenfindet, dann hat dies ebenfalls Vorbildcharakter. Und darauf wollen wir hinarbeiten.

 

SÜDBLICK: Welches ist die größte Herausforderung bei der Realisierung?

MARKUS GREITEMANN: Ganz sicher eine gute Anbindung an das übergeordnete Verkehrsnetz und die Schaffung einer zukunftsgerechten Mobilitätsinfrastruktur.

 

SÜDBLICK: Wie vermeiden Sie Bau- und Planungsfehler wie sie andernorts, etwa in Widdersdorf zu beklagen sind?

MARKUS GREITEMANN: Ganz klar, das soll sich nicht wiederholen, daraus haben wir gelernt. Bereits

In der Konzeptphase für Rondorf Nordwest haben wir deshalb ein renommiertes Stadt- und Landschaftsarchitekturbüro eingeschaltet und eine enge Begleitung erreicht, die jetzt auch in der Bauleitplanung fortgesetzt wird. Darüber hinaus gibt es eine Projektgruppe, in der sich alle Beteiligten frühzeitig zu den einzelnen Maßnahmen abstimmen, so dass wir ein anderes Ergebnis als in Widdersdorf erwarten können. Dazu kommen Vereinbarungen in einem sehr detaillierten städtebaulichen Vertrag sowie die Erarbeitung eines Gestaltungsbuches für das neue Quartier.

 

SÜDBLICK: Wie geht es jetzt konkret weiter? Was sind die nächsten Schritte?

MARKUS GREITEMANN: Noch bis zur Sommerpause erfolgt der Bericht an die Politik über die Ergebnisse der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung vom Juli 2018. Seit letzten Sommer sind mehr als 150 Stellungnahmen eingegangen, die ausgewertet wurden. Die dort gewonnenen Erkenntnisse haben natürlich Einfluss auf das weitere Verfahren. Nach der Sommerpause soll auf dieser Grundlage über die Vorgaben des Bebauungsplanes entschieden werden. Zentral ist in diesem Zusammenhang  die Ausarbeitung der Vorzugsvariante Verkehr als Grundlage für die weiteren städtebaulichen Planungen. Noch in diesem Jahr  soll dann ebenfalls eine weitere Information der Bürgerinnen und Bürger erfolgen, vor allem über das Ergebnis der Vorzugsvariante Verkehr.

 

SÜDBLICK: Wagen Sie eine Prognose: Wann können die ersten Bürger in Rondorf Nordwest einziehen?

MARKUS GREITEMANN: Für eine sichere Aussage ist es noch zu früh, denn die politischen Entscheidungen im Kölner Stadtrat liegen nicht in meiner Hand. Aber sofern Planungsrecht besteht, die Erschliessung erstellt und gesichert ist, ist ein Zeitraum ab fünf Jahren denkbar. Allerdings ist für mich eines klar: Wenn die verschiedenen Infrastrukturmaßnahmen mehr Zeit erfordern als heute absehbar, müssen wir auch die Wohnbebauung dem entsprechend zeitlich anpassen. Denn wir stehen politisch im Wort, dass wir ein in sich geschlossenes Gesamtkonzept realisieren wollen.

 

SÜDBLICK: Können Sie versprechen, dass die Infrastrukturmaßnahmen wie insbesondere Lösung der Verkehrs- und Mobilitätsfragen zeitgleich wie die Bebauung erfolgen, so dass ein lebens- und liebenswertes Wohngebiet aus einem Guss entsteht?

MARKUS GREITEMANN: Die Bebauung kann erst erfolgen, wenn die Erschließung gesichert ist,

allerdings wird dies abschnittsweise erfolgen müssen. Beim kritischen Thema Verkehr muss als erstes

die Entlastungsstrasse her. Und ich bin zuversichtlich, dass auch die KVB mit ihren weiteren

Planungen zügig vorankommt.   Bei der Bildungsinfrastruktur sind wir sogar schon etwas vor dem

Zeitplan und bereits in Gesprächen mit den Vorhabenträgern.

 

SÜDBLICK: Wie viel Mitsprache hat die Stadt Köln gegenüber dem Investor, wenn es um die konkrete Bebauung geht und die Schaffung  einer Infrastruktur etwa aus Einkaufs-, Freizeitangeboten, Gewerbe, Versorgungseinrichtungen, damit dort ein lebendiges Quartier entsteht und nicht eine tote Schlafstadt?

MARKUS GREITEMANN: Der Rat der Stadt Köln entscheidet über das zukünftige Planrecht; hier wird außer dem Nutzungsmaß auch die Art der Nutzung festgelegt. Darüber hinaus werden Details durch den erwähnten städtebaulichen Vertrag geregelt. Damit können wir eine relativ hohe Sicherheit in der Qualität der Umsetzung herstellen.

 

SÜDBLICK: Entstehen dort auch Wohnungen für eine breitere Mittelschicht? Welche Zielgruppen wollen Sie mit Rondorf Nordwest ansprechen?

MARKUS GREITEMANN: 30 Prozent öffentlich geförderter sozialer Wohnungsbau sind verbindlich vorgegeben. Darüber hinaus ist auch der preisgedämpfte Wohnungsbau ein definitives Ziel. Auch wenn wir heute noch nicht wissen, wer im Einzelnen baut und die Projekte vermarktet, wollen wir auf eine gute Mischung intensiv Einfluss nehmen. Es sollen im Ergebnis Wohnangebote für unterschiedliche Gruppen entstehen, nicht nur Familien, auch Bauherrengruppen, Baugruppen. Dies muss im städtebaulichen Vertrag verhandelt werden.

 

SÜDBLICK: Wie steht es um die Ansiedlung von Gewerbe, mittelständischen Firmen?

MARKUS GREITEMANN: Gewerbeflächen sind nicht vorgesehen, da die Bereitstellung von Wohnflächen Vorrang hat.

 

SÜDBLICK: Wie weit ist die Idee eines neuen Ortszentrums gediehen, das den künftigen Ortsteil Rondorf Nordwest mit den bisherigen Wohngebieten verbinden soll?

MARKUS GREITEMANN: Diese Aufgabe ist uns ein ganz besonderes Anliegen. Es gibt derzeit mehrere Ideen für einen attraktiven Quartiersplatz, die wir momentan genauer eruieren. Dann ist es allerdings Sache der Bürger, diese neue Mitte auch anzunehmen, mit Leben zu erfüllen. Hierfür können wir den gestalterischen Rahmen zur Verfügung stellen. Ich schätze aber die Bevölkerung in  Rondorf so ein, dass sie es schaffen, daraus etwas Gutes zu machen.

 

SÜDBLICK: Verstehen Sie auch die Vorbehalte und Ängste, die es gegenüber dem Neubauprojekt gibt?

MARKUS GREITEMANN: Diese Sorgen verstehe ich recht gut. Jede Veränderung führt zu Fragen. Unsere Antwort lautet: Wir arbeiten für das Ziel, dass über die anstehenden Entwicklungen im Ergebnis die gesamte Ortschaft signifikante Verbesserungen erfährt. Es wäre fahrlässig, Rondorf Nordwest nur für sich zu betrachten. Wir wollen, dass der gesamte Stadtteil von den geplanten Maßnahmen profitiert und nehmen deshalb das ganze Wohngebiet in den Blick. In Rondorf wird  in Zukunft definitiv das Leben attraktiver. Das ist die Herausforderung.

 

SÜDBLICK: Manche Bürger befürchten, Rondorf Nordwest mit rund 4000 neuen Bewohnern ist nur der erste Schritt. Danach wird dieses Projekt immer mehr ergänzt um weitere Siedlungen in Richtung Meschenich und Hürth.

MARKUS GREITEMANN: Nein, meine Perspektive ist das ausdrücklich nicht. Den weiteren Flächenverbrauch würde ich sehr kritisch sehen, denn eine wachsende Stadt wie Köln braucht auch Rückzugs- und Freiräume. Darum gilt es, Naturschutzgebiete, grüne Landschaft, naturbelassene Gebiete zu erhalten und jeden weiteren Eingriff zu vermeiden.

 

SÜDBLICK. Wie gut kennen Sie persönlich Rondorf?

MARKUS GREITEMANN: Oh, das Baugebiet kenne ich sogar sehr gut, weil dies das erste Bürgerbeteiligungsverfahren in meiner Amtszeit ist – und entsprechend gut habe ich mich auch vor Ort umgesehen. Aber vielleicht darf ich noch ein kleines Geheimnis verraten: Auch ganz privat bin ich ziemlich oft und gern in Rondorf und Hochkirchen unterwegs, kaufe dort ein, kenne einige Ärzte – und mache ab und zu  einen Zwischenstopp in einem Café. So erfahre ich  ganz unmittelbar, wo der Schuh drückt.

 

SÜDBLICK: Dann dürfen wir Sie einladen, unser Gespräch in Zukunft einmal im Jahr fortzusetzen?

MARKUS GREITEMANN. Einverstanden. Dann gern in Rondorf.

2 Kommentare
  1. Marlene Schneberger
    Marlene Schneberger sagte:

    Ein interessantes Interview . Ich würde es gerne drucken, aber leider wird der Text auf allen Seiten von der dick gedruckten „Dorfgemeinschaft Rondorf“ -Überschrift überdeckt. Wie kann ich einen einwandfreien gut lesbaren Text erhalten?

    Antworten
  2. Christian Collum
    Christian Collum sagte:

    Das Interview mit Herrn Greitmann empfinde ich als anregend und aussagekräftig. Hier eröffnet sich eine Perspektive für Rondorf, die ich als Rondorfer nur begrüßen kann.

    Antworten

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