Rondorf kann es besser!

Ein Diskussionsbeitrag von Harris C.M. Tiddens

Gebt den Bürgern vor Ort mehr Mitsprache – und das Leben in einer Großstadt wie Köln funktioniert besser! 22 Jahre hat Harris C.M. Tiddens in Rondorf gelebt und dort die Bürgerwerkstatt der Dorfgemeinschaft mitbegründet. Der international anerkannte Experte für lernende Organisationen und städtische Nachhaltigkeitsstrategien verfolgt die Zukunftsentwicklung in seinem früheren Wohngebiet weiterhin sehr aufmerksam. Und rät den Einwohnern: Mischt Euch mehr ein – nehmt die Entwicklung Eures Veedels selbst in die Hand!!

Kann eine Großstadt wie Köln demokratisch funktionieren, wenn ihre Stadtteile keine ausreichenden demokratischen Institutionen und Kompetenzen haben? Warum hat eine Gemeinde wie Monschau mit 11.000 Einwohnern Einrichtungen wie ein Rathaus, einen Gemeinderat, einen eigenen Haushalt, eine Webseite usw., aber ein wachsender Stadtteil wie Rondorf/Hochkirchen nichts davon? Warum kann ein solches lebendiges Wohngebiet wie Rondorf/Hochkirchen nicht aktiv mitentscheiden, wie die Straßenbahnlinie verlaufen wird, wohin der Marktplatz kommt, wie er ausgestaltet wird, wo es Platz für ein Zukunfts- bzw. Bürgerhaus und anderes mehr geben könnte?

Demokratie ist ein Managementsystem. Gerade erst hat die schreckliche Covid-19 Pandemie es gezeigt: Große politische Ziele werden nur erreicht, wenn die Bürger mitmachen!

Es gibt einen weiteren Grund, warum lebendige Stadtteile wie Rondorf/Hochkirchen so wichtig sind: Die größte Aufgabe, die wir als Menschheit je hatten, ist, dafür zu sorgen, dass unsere Nachfahren noch gute Lebensbedingungen auf dieser Erde haben werden. Diese Aufgabe ist so komplex, dass wir in Vielem nicht wissen können, was funktionieren wird und was nicht. Aber: Große politische Einheiten können große Fehler machen. Wir kennen solche Fehler zu Genüge. Dass wissen solche politischen Einheiten selbst auch, sie haben daher Angst, Fehler zu machen. Und das ist am Schlimmsten, denn das tötet Kreativität. 

Was wir in Zukunft mehr denn je brauchen, ist daher eine aufbauende Demokratie (Bottom-up-Subsidiarität), die auf dem soliden Fundament der Vielfalt, der Kreativität, der Kenntnisse der kleinen Einheiten an der Basis aufbaut. Jene Einheiten, wo die Einwohner*innen noch selbst Erfahrungsexperten sind. In solchen Einheiten können wir experimentieren und voneinander lernen. Als ehemaliger Rondorfer kann ich Euch alle nur ermutigen: Ihr seid die Erfahrungsexperten vor Ort! Es gibt jede Menge Aufgaben, die ihr selbst genauso gut oder besser machen könnt als die „höheren Einheiten“ der Kölner Verwaltung und Politik. Macht daher den Stadtteil noch stärker – und fordert dafür die entsprechenden Kompetenzen ein. Warum nicht als demokratisches Fundament einen repräsentativen Stadtteilbürgerrat auf Losverfahren bilden? Infos über diese Institution „Bürgerrat auf Losverfahren“ findet man unter: www.buergerrat.de

Er wäre zum Beispiel der richtige Ort, wo die Experten der Stadtverwaltung und der Investoren gemeinsam mit den klugen lokalen Köpfen aus der Bürgerwerkstatt ihre Ideen beraten und weiterentwickeln. Dass die Bürgerwerkstatt der Dorfgemeinschaft für den Marktplatz zwar engagiert ein eigenes Konzept entwickelt, aber im Rathaus keinerlei Gehör findet, ist zum Beispiel ein demokratisches Unding. Dass die Dorfgemeinschaft an den Planungsrunden für Rondorf-Nordwest nicht direkt beteiligt wird, ebenso.

Es ist immer besser, Ideen miteinander zu verhandeln. Das wird natürlich nicht konfliktfrei sein, aber kreativ, so ist echte Demokratie nun mal. Wenn ein „Stadtteilbürgerrat“ Empfehlungen ausarbeitet, diese dann sogar durch einen Bürgerentscheid demokratisch legitimiert werden, hat dies einen weiteren Vorteil: Verwaltung und Stadtrat wird ihre Arbeit erheblich erleichtert. Denn sie haben genug zu tun, die Millionenstadt Köln als Ganzes zu steuern. Wie sollen 90 Ratsmitglieder besser wissen als die Bürger vor Ort, was gut ist für Rondorf und Hochkirchen und was nicht? 

Nochmals: Demokratie ist ein kreatives Managementprinzip. Die höhere Ebene soll nicht das machen, was die Untere mindestens genauso gut kann. Das fängt in Köln an bei den Veedeln, auf die man doch so stolz ist. Sie zu stärken, das ist aufbauende Demokratie. Das ist die Zukunft moderner bürgernaher Kommunalverwaltung. Und wenn die Verwaltung oder der Rat der Stadt Köln die Zustimmung zu Eurem gut begründeten Vorschlag – etwa dem Marktplatz – dennoch verweigern sollte, müssen sie sehr gute Argumente und sehr gute Alternativen haben. Sonst macht ihr eben eine Demo, die die Brühler Landstraße blockiert, auch das ist Demokratie! 

Harris Tiddens, ehemaliger Rondorfer, ist Autor des Buches „Wurzeln für die lebende Stadt. Wie wir die Eigenverantwortung von Stadtteilen stärken können und warum diese mehr Wertschätzung verdienen“, Oekom Verlag, München 2014. Heute ist er Senior Fellow für die »Organisation der städtischen Nachhaltigkeitsfürsorge« am Institut für Stadt- und Umweltstudien der chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften in Peking.

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