Meine Straße: Kapellenstraße – wo Rondorf einmal begann

Sie ist die älteste Straße im Ort – und dort entsteht in den kommenden Jahren auch ein wichtiges Stück städtebaulicher Zukunft: Die Kapellenstraße. Nicole Kämpken hat diese historische Ecke schon vor Jahren für ihre Familie entdeckt und lieben gelernt. Im SÜDBLICK schreibt sie ihre ganz persönliche Beziehung dazu.

Seit gut 25 Jahren ist die Kapellenstraße jetzt schon „meine Straße“, aber eigentlich sollte ich besser sagen: ist der Johannishof meine Heimat geworden. „Unser“ Hof ist der oberste der großen Hofanlagen an der Kapellenstraße, direkt gegenüber der Tankstelle. Eigentlich liegt hier tatsächlich das historische Zentrum Rondorfs. 922 schenkte Erzbischof Hermann I. dem von ihm gegründeten Kölner Stift St. Ursula den Fronhof in Rondorf, den heutigen „Johannishof“. Eine Urkunde von Erzbischof Wichfried aus dem Jahr 941 erwähnt unser Dorf erstmals als „Rumenthorp“ – heute bekannt als Name des örtlichen Pfadfinderstammes der DPSG. Mit dem weiter unten gelegenen und heute noch landwirtschaftlich genutzten „Büchel Hof“ und dessen nicht mehr vorhandener Kapelle sowie dem als reine Wohnfläche genutzten „Bödinger Hof“ auf der gegenüberliegenden Seite der Kapellenstraße befand sich hier einst das Dorfzentrum. 

Die Hofanlagen prägen bis heute das Straßenbild, aber genauso erwähnenswert sind die schmalen Steinhäuser und die Fachwerkhäuser, in denen die Hofarbeiter, Bauern und Knechte lebten. Leider scheint es gerade bei dem schönen Fachwerkhof oberhalb der Gaststätte „Zur Alten Post by Green Dragon“ schwierig zu sein, die historische Bausubstanz adäquat zu erhalten. 

Der Johannishof wurde bereits im Jahr 1985 als eine der ersten Hofanlagen in Köln saniert und in Eigentumswohnungen umgestaltet, von denen damals mein Vater eine erwerben konnte – wofür ich ihm bis heute sehr dankbar bin. Als dann nach zehn Jahren unsere Mieter auszogen, fragte er uns, die wir damals noch in Bonn studierten und dort in einer kleinen Stadtwohnung zur Miete lebten, ob wir uns den Hof nicht einmal ansehen wollten. Die Noch-Mieter luden uns direkt zum jährlichen „Hoffest“ ein; wir lernten die spezielle sehr offene und sympathische, auf Gemeinschaft angelegte Lebensart im Hof kennen, fühlten uns hier auf Anhieb wohl – und blieben bis heute. Anfänglich konzentrierte sich unser Leben in Rondorf tatsächlich sehr auf den Hof, die kleinen Kinder (teilweise bis zu 15 kleine Hofbewohner plus Freunden) fanden hier ein Paradies vor, spielten stundenlang im geschützten Innenhof und erweiterten ihren Horizont später auf die großen Feldflächen auf der Rückseite des Hofs. Hierbei kam es auch zu den eine gewisse Zeit auf „Google Maps“ sichtbaren „magischen Kreisen“ im Feld, die unsere heute erwachsenen Kinder damals unbeobachtet als ihre „Basen“ anlegten und dann von „Basis zu Basis“ durchs Feld marschierten. 

Aus Nachbarn wurden sehr schnell Freunde, man feiert, lacht und genießt das Leben gemeinsam. Mit dem Aufwachsen der Kinder, dem Besuch von Kindergarten, Anne-Frank-Schule, Kommunion und damit einhergehendem heimisch werden in der Kirchengemeinde erweiterte sich aber auch unser Horizont, und wir lernten unser Dorf immer mehr zu schätzen. 

Aber zurück zur Kapellenstraße… In sehr schöner Erinnerung habe ich die Buchhandlung, die ein netter Mensch namens Tom führte. Dort herrschte immer eine ruhige und entspannte Atmosphäre und man bekam die beste Beratung, die man sich nur wünschen kann. Tipps holte er sich unter anderem von unserer Tochter, die – damals im Grundschulalter – dort viele Stunden im Kindersessel schmökernd verbrachte. Wenn es zu Hause mal wieder Ärger gab, ging sie halt zum Tom. Leider ist die Buchhandlung ein Opfer des Internets geworden und danach gab es eine hohe Fluktuation in diesem Ladenlokal. Gleiches Schicksal teilen die weiteren Ladenlokale. Nachdem die Institution „Samen Gräf“ geschlossen hatte, wechselten auch dort häufig die Geschäftsideen und der kleine Blumenladen schloss schon vor vielen Jahren seine Pforten. Einzige Erinnerung daran ist das immer noch bestehende „Orchideenfenster“.

Als Begleitung der „Sternsinger“ lernte ich auch die etwas abseits der Straße versteckt gelegenen Villen kennen, die zur Freude der Sternsinger stets adäquate Beiträge lieferten. Diese erschöpften sich nicht im „schnöden Mammon“, sondern es gab auch Krippenbesichtigungen, begleitet von leckeren Waffeln und wärmendem Kakao. 

Auch erinnere ich mich lebhaft an die große Baustelle des Neubaugebiets „Am Bödinger Hof“. Jedes Loch im Bauzaun wurde von unserem Sohn nahezu täglich inspiziert und manchmal bat er mich auf dem Rückweg vom Altglas Container auf dem großen Parkplatz darum, ich möge ihn doch eine Stunde später wieder am Bauzaun abholen, weil er noch ein bisschen den Baufortschritt beobachten wolle. 

Seit kurzem gibt es eine neue Baustelle zwischen Johannishof und der vor einigen Jahren erbauten St. George‘s School. Hinter den schon seit Jahren dort recht unmotiviert herumstehenden Lärmschutzwällen entsteht ein neues sogenanntes „Life-Balance-Quartier“. Den neuen Nachbarn wünschen wir, dass die Rechnung aufgeht und sie sich dort ebenso wohl fühlen mögen wie wir in der Kapellenstraße. Etwas Sorge macht uns dennoch das Neubaugebiet „Rondorf Nordwest“, welches rückwärtig an unsere Gärten anschließen wird. Der freie Blick auf die Felder, den wir so sehr lieben, ist dann Geschichte und der Charakter unseres Wohnumfelds wird sich damit vermutlich deutlich ändern. Aber andererseits eröffnet ein solches Gebiet, vor allem mit dem geplanten Stadtbahnanschluss, auch neue Möglichkeiten, denen wir uns nicht verschließen sollten.

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