Hof der Familie geht voran: Drei Generationen unter einem Dach
In vier Jahren könnte sie starten: Die wegweisende Wohnungs-Genossenschaft „Hof der Familie“. Am 19. Juni wurde auf der 9. Mitgliederversammlung dieses Rondorfer Zukunftsprojektes eine positive Zwischenbilanz gezogen. Danach standen die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats dem SÜDBLICK Rede und Antwort: Wie geht es weiter mit dem wegweisenden Mehrgenerationenprojekt? Lesen Sie alle Antworten hier.
SÜDBLICK: Wer hatte die Idee zu diesem gemeinschaftlichen Wohnen unter einem Dach in Rondorf?
URSULA VAN DER POEL: Bereits vor acht Jahren gab es erste Überlegungen, aus dem Kreis der Aktiven des „Haus der Familie“ heraus eine gemeinsame Wohnform zu entwickeln. So, wie das „Haus der Familie“ bewusst Angebote für alle Generationen, die miteinander kooperieren und sich gegenseitig unterstützen, umfasst. Daraufhin haben wir uns mit einer ganzen Reihe solcher oder ähnlicher Initiativen befasst, Gespräche geführt und sie besucht. Hilfreich waren hier die Kölner Wohnprojektetage, an denen wir uns beteiligen, wo wir uns den Fragen von Interessenten stellen und uns vernetzen.
Da die meisten von uns in Rondorf und Umgebung wohnen, war es naheliegend, zunächst vor Ort nach einem geeigneten Grundstück zu suchen. Das gestaltete sich allerdings schwierig, denn die angebotenen Grundstücke waren entweder deutlich zu klein oder bereits an Investoren vergeben.
SÜDBLICK: Wie kam es zur Entscheidung, eine Genossenschaft zu gründen?
KARL JOSEF WÜRTH: Wir hatten tatsächlich verschiedene Rechtsformen geprüft. Die genossenschaftliche Idee entsprach unseren Vorstellungen einer partnerschaftlichen Wohnform am stärksten: Gemeinsames Eigentum mit einzelnen Wohnungen. Gegenseitige, generationenübergreifende Unterstützung und Räume zur gemeinsamen Nutzung. Die Genossenschaft ist eine Errungenschaft aus dem 19. Jahrhundert und hat sich auf vielfältigen Gebieten bewährt.
Den zeitlichen und den organisatorischen Aufwand hatten wir allerdings unterschätzt. Im Jahr 2016 hatten wir unsere Gründungsversammlung, im Jahr 2020 erfolgte schließlich die Eintragung in das Genossenschaftsregister.
SÜDBLICK: Wie muss man sich eine gemeinsame Nutzung vorstellen?
MARION VOLKMAR: Gefragt und angeregt werden ein gemeinsamer Garten, der auch Elemente eines Nutzgartens hat, ein Gemeinschaftsraum mit Küche, Raum für Musik, Gesang und Proben, einen gemeinsamen Werkraum, ein Gästeappartement für Familienangehörige und Besucher und natürlich das Carsharing. Was wir wie davon umsetzen, werden wir zusammen mit unseren Mitgliedern entwickeln.
SÜDBLICK: Wer kann der Genossenschaft beitreten? Gibt es Altersregelungen?
SIGRID SANNECKE-MÜLLER: Mehrgenerationenwohnen gehört zu den vielfältigen besonderen Wohnformen, die vom Land NRW und von der Stadt bewusst gewünscht werden. Die Altersgruppen unter 40 Jahre, über 60 Jahre und dazwischen sollen jeweils ein Drittel der Wohnenden ausmachen. Nur dann funktioniert die gegenseitige Unterstützung der Generationen in vielen Lebensbereichen. Ein solches Projekt kann beispielsweise durch eine Kita oder eine Pflegewohngemeinschaft ergänzt werden. Dahinter steht, dass es für alle Altersstufen der Mitglieder adäquate Angebote gibt. Es geht allerdings nicht so weit, dass die jüngeren Mitglieder Pflegekräfte der Alten oder die Älteren automatisch Kinderbetreuende werden.
Die Nachfrage älterer Menschen, die in Gemeinschaft wohnen möchten, ist so groß, dass wir hier im Moment keine neuen Mitglieder aufnehmen können. Jungen Menschen wiederum ist unser Planungshorizont oft zu lang, denn noch haben wir weder ein Grundstück erwerben können noch fertige Baupläne vorzuweisen.
SÜDBLICK: Wie stehen die Chancen, ein Grundstück zu bekommen?
KARL JOSEF WÜRTH: Unsere Chancen stehen gut: Für das Neubaugebiet Nordwest ist vorgesehen, eine Fläche für eine besondere Wohnform auszuweisen. Wir erfüllen hierfür die Voraussetzungen und haben den Vorteil, dass wir unsere Wurzeln in diesem Stadtteil haben und dass das „Haus der Familie“ einen exzellenten Ruf hat. Das macht uns für den Projektentwickler Amelis attraktiv, der bewusst die Verbindung in den bestehenden Stadtteil hinein sucht.
SÜDBLICK: Wie muss man sich eine Genossenschaft vorstellen? Bekommt man Eigentum an einer konkreten Wohnung? Muss man Miete zahlen?
THOMAS GROTHKOPP: Die Mitglieder kaufen Genossenschaftsanteile und werden dadurch Miteigentümer. Die Zahl der Anteile richtet sich nach der Größe der genutzten Wohnung. Die Anteile bilden das Eigenkapital. Hinzu kommen Darlehen, welche die Genossenschaft bei Banken aufnimmt. Denn der Kapitalbedarf für den Kauf eines Grundstücks und für den Bau der Wohnungen ist hoch, zumal in der aktuellen Situation knapper Baugrundstücke und explodierender Preise für Baumaterial. Unser großer Vorteil ist, dass es keinen Investor gibt und daher niemanden, der einen Gewinn aufschlägt. Viele Aufgaben übernehmen wir als Mitglieder ehrenamtlich. Genossenschaft bedeutet für uns aktive Mitarbeit, was gleichzeitig die Chance eröffnet, auch aktiv mitzugestalten.
Zur Finanzierung der laufenden Kosten, der Tilgung der Kreditzinsen und für die Gemeinschaftsflächen gibt es auch bei uns eine Miete. Hier unterscheiden wir zwischen frei finanziertem und gefördertem Wohnraum, der 30 Prozent der Wohnungen – übrigens wie für das gesamte Baugebiet ebenfalls – ausmachen muss.
SÜDBLICK: Wie viele Wohnungen sind geplant und wie kann man Mitglied werden?
INGVILL CONSTANZE MOCHMANN: Aus ursprünglich geplanten bis zu 50 Wohneinheiten werden wegen der hohen Grundstückskosten zirka 70 Wohnungen. Die Genossenschaft hat aktuell 35 Mitglieder. Auf der Homepage www.hdf-eg.de gibt es ein Kontakt- und Bewerbungsformular, das sich an unseren Belegungsausschuss richtet. Dieser lädt zu – derzeit noch digitalen – Informations- und Kennenlerntreffen ein. Denn bei dem hohen Verbindlichkeitsgrad ist es wichtig, dass die gegenseitigen Erwartungen der jetzigen Mitglieder und der Bewerber eine möglichst große Übereinstimmung aufweisen.
SÜDBLICK: Wie sieht der Planungshorizont aus?
DETLEF KORTENBREDE: Voraussetzung für den Baubeginn ist, dass der Bebauungsplan für Rondorf Nordwest verabschiedet ist, womit wir im kommenden Jahr rechnen, und dass Amelis die Erschließung, also die notwendige Infrastruktur für den betreffenden Bauabschnitt fertiggestellt hat. Unsere aktuellen Planungen laufen auf das Jahr 2025 hinaus.
SÜDBLICK: Dann wünschen wir dem „Hof der Familie“ schon jetzt besten Erfolg!