EINER VON UNS: Frank Dünzl

Er ist Globetrotter in Sachen Fotografie – gleich ob Hochzeitsbilder auf Bali, Tokio bei Nacht, eine Sommerreportage im kalifornischen San Diego. Frank Duenzl aus Hochkirchen hält solche Motive mit einfühlsamem Kameraauge professionell fest. Kein Ort ist ihm dafür zu weit oder zu ungewöhnlich. Besonders gern begleitet der 54jährige Paare beim Ja-Wort für ein Leben zu zweit. Egal wo. Denn das sind für ihn Momente für die Ewigkeit. Dem SÜDBLICK hat er seine schönsten Erlebnisse erzählt.

Am liebsten ist Frank Dünzl auf der Suche nach außergewöhnlichen Bildern und spektakulären Aufnahmen mit dem Fahrrad unterwegs. „So sehe ich einfach mehr, kann genauer beobachten“, ist seine Erfahrung. Beispiel Japan, die Sprache dort spricht er fließend. Er will Locations ausfindig machen, wo er abseits der Tourismuszentren Geishas treffen kann, jene charmanten, geheimnisvollen Frauen, die traditionelle japanische Künste darbieten, aber leider eher zurückhaltend sind, wenn sich neugierige Fotografen nähern.

Vier Wochen ist der gebürtige Kölner unterwegs. Dann hat er Glück. In Gion, einem der malerischsten Stadtteile von Kyoto, gelingt es ihm, zwischen engen Gassen und Teehäusern im typischen Stil des Landes mit einer der Unterhaltungskünstlerinnen und ihrer Schülerin ins Gespräch zu kommen. Es entstehen schließlich perfekte Bilder in einer unglaublichen Atmosphäre: Stimmungen bei Nacht und im Regen, ein Farbenspiel von einmaliger Faszination. „Glück gehört einfach dazu“, freut sich der Kameramann aus Deutschland. Diese Fotos wurden später Teil einer großen Ausstellung, die er 2013 anlässlich des 50. Geburtstages der Städtepartnerschaft zwischen Kyoto und Köln realisieren durfte. 

Frank Dünzl liebt es, Personen in ganz besonderen Situationen aufzunehmen, „denn ich glaube, ich kann gut mit Menschen so umgehen, dass sie möglichst entspannt sind.“ Den richtigen Moment zu erfassen, die entscheidenden Augenblicke zu treffen, das ist seine Mission. Egal, ob er im Auftrag einer Presseagentur unterwegs ist, für ein Event gebucht wird, für ein Lifestyle-Magazin oder er sich der Fine Art widmet. „Es kann aber auch ganz einfach der Mensch von nebenan sein. Ich halte die vergänglichen Momente des Lebens im Bild fest, und zeige den Menschen im Kontext seiner Umgebung, seiner Arbeit und seiner Kultur“. 

Und das sind bei ihm vorzugsweise Paare am glücklichsten Tag ihres Lebens. Wie viele Hochzeiten er schon in seinen Bildern festgehalten hat, weiß er nicht mehr ganz genau. Aber einige Termine bleiben besonders fest in Franks Erinnerung. Wie jene romantische Strandhochzeit auf Bali, die allein schon durch ihren überaus reichen und außergewöhnlichen Blumenschmuck wirkte wie aus dem Poesiealbum gemalt.

Es gab aber auch schon skurrile Situationen. Da wartete ein Termin in Los Angeles auf ihn. Der Hochzeitsfotograf vom Rhein war extra von einem amerikanischen Paar engagiert. Alles läuft bestens. Alle sind höchst zufrieden. Nach dem offiziellen Teil beginnt das Fest. Musik erklingt. Aber was ist da zu hören? Statt amerikanischen Klängen ertönen Schlager Made in Germany aus den Lautsprechern. Ausgerechnet die Münchner Gruppe „Dschingis Khan“ mit ihrem Ohrwurm „Moskau“ hatten sich die frisch Vermählten als Wunschlied ausgesucht. Frank, der weddingshooter, kann darüber noch heute schmunzeln.

Er erzählt: „Früher konnte ich mit solchen Anfragen eher wenig anfangen. Ich fand Hochzeitsbilder eher kitschig und auch langweilig“. Doch dann führte ihn ein Urlaub nach San Diego in Kalifornien. Die Wellen des Pazifiks lockten ihn, er beschloss, dort zu bleiben und „America’s Finest City“ mit dem angenehmen Klima zu seiner zweiten Heimat zu machen. Dort beobachtete er ziemlich bald, wie Amerikaner aus Hochzeiten mit sehr viel Kreativität ganz besondere filmische Ereignisse machten. „Das hat mich inspiriert, ebenfalls in diese Richtung zu gehen. Dabei habe ich im Laufe der Zeit meine eigene Bildsprache entwickelt“, schildert er seine Erfahrungen. Er hat den Schritt nicht bereut. Und seitdem ist er Weltreisender als Fotograf in Sachen Liebe. „Wenn man als Fotograf erstmal Gefallen an der Hochzeitsfotografie gefunden hat, kann man sogar weitaus schönere Bilder als bei einem Mode-Shooting machen“, ist seine Erfahrung.

Wie es ihm gelingt, den Verliebten beim Fotoshooting immer wieder ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern? Da verrät er einen kleinen Trick: „Ist mir eine Aufnahme gut gelungen, dann lächele ich freudig und blinzele zufrieden unter meiner Kamera den beiden zu. Und dann kommt fast immer spontan ein ebenso fröhliches Lächeln zurück!“

Von Schnappschüssen über total posierte Bilder, Arrangements mit Blumen, Luftsprüngen, rennenden Brautpaaren, Aufnahmen mit bombastischen Schlössern im Hintergrund oder einfach nur kitschigen Bildern mit oder ohne Sonnenuntergang können seine „Stars für einen Tag“ alles von ihm haben, was sie wollen: Schwarz/Weiß, Farbe, oder Retro. 

„Ich bemühe mich immer, das Beste aus dem portraitierten Menschen herauszuholen“, lautet die Devise des gefragten Kameraprofis. Er macht alles, um diese Personen im Mittelpunkt gut aussehen zu lassen. Moderne Technik tut dabei ein Übriges. Seit die Dunkelkammer digital geworden ist, verbringt er etliche Stunden vor dem Computer, um die Bilder am Monitor zu optimieren. Vielleicht wird eine DVD daraus, ein Video für Facebook oder YouTube. Alles ist möglich.

Doch momentan arbeitet Frank aus Hochkirchen wieder an einer ganz neuen Idee: Einem Kunstprojekt, für das er noch die passende Galerie sucht. Thema ist ‚Neon Metropolis‘ – Nachtaufnahmen von Tokyo, neonglänzende Regennächte, inspiriert von dem Film-Klassiker ‚Blade Runner‘ und ‚Ghost in the Shell‘. So viel Abwechslung zwischen all den Hochzeitsfeiern muss dann doch mal sein. Mehr Infos: https://www.koeln-hochzeitsfotos-deluxe.de; https://www.shunkan.org/kyoto_japan_exhibition.html; https://www.shunkan.org

Meine Straße: Waldkauzweg

von Jan Noeske

Wir haben die perfekte Straße für „Schnitzeljagd nach Hausnummern“ – meint Waldkauzweg-Bewohner Jan Noeske, der 2011 mit seiner Familie per Bollerwagen dorthin gezogen ist. Doch die Verteilung der Hausnummern zwischen Abzweigen und Fußwegen lässt hier so manchen Briefboten schlicht verzweifeln. Für das Ordnungsamt wiederum scheint die Straße eine richtig gute Einnahmequelle zu sein.

Für alle, die es nicht wissen: Der Waldkauzweg ist zwischen Edeka und Anne-Frank-Schule gut erkennbar an den grünen Fenstern und Garagen – auch wenn es zum Glück ein paar Farbausbrecher gibt. Ganz unterschiedlich ist der Baubestand mit Apartmenthäusern, Doppelhaushälften und Reihenhäusern. Lustig ist, dass von außen alle Häuser gleich aussehen, aber (auf jeden Fall bei uns in der Reihe) innen alle ganz unterschiedlich sind.

Der Waldkauzweg ist die perfekte Straße für „Schnitzeljagd nach Hausnummern“… sie geht wie ein U von der Reiherstrasse ab und endet da auch wieder. Dazwischen gibt es einige Abzweigungen und Fußwege. Wie die Hausnummern vergeben sind, habe ich bis jetzt nicht verstanden und so manchen hilflosen Paketzusteller schulterzuckend auf Google Maps verwiesen.😉

Aber die verkehrsberuhigte Straße, die zwischen 1993 und 1995 in mehreren Bauabschnitten durch die Baufirma WILMA entstand, ist ein Idyll für Familien. Inzwischen sind zwar viele Kinder der „1. Bewohner-Generation“ schon zu alt zum Spielen auf der Straße, aber die Hinzugezogenen (wie wir) sorgen für Nachschub. Daher ist der Waldkauzweg regelmäßig Tennis-, Basketball- Fußball- oder einfach nur Spielplatz. 

Die Nähe zu den Läden an der Rodenkirchener Straße ist super. Die unmittelbare Nähe zum Edeka führt (leider) dazu, dass wir beim Einkaufen oft nicht viel nachdenken, was wir brauchen. Wenn beim Kochen etwas fehlt, geht man einfach nochmal kurz rüber.

Sehr schön sind auch die „essbaren Verkehrsinseln“. Auf einigen Inseln wachsen schon recht große Beerensträucher, die im Sommer reichlich Früchte tragen. Umso ärgerlicher ist, dass fast alle Bäume auf den Verkehrsinseln ein ziemlich jämmerliches Dasein fristen. Sie sind nahezu alle krank und sehen nicht sehr schön aus. Die Versuche, sie durch radikalen Schnitt zu verjüngen, waren bislang leider vergeblich. Wir sind gespannt, wie das in den nächsten Jahren weiter geht.

Der Grünstreifen zwischen Merlinweg und Waldkauzweg ist die perfekte Naherholung für Kinder. Die zwei Spielplätze bieten Kindern superviele Möglichkeiten. Er wird auch gerne von den gefühlt 500 Hunden in Rondorf/ Hochkirchen genutzt. Ärgerlich ist, dass ein (wahrscheinlich verschwindend geringer) Anteil der Hundebesitzer ihre „Haufen“ hinterlassen. Das führt leider regelmäßig dazu, dass auf der Wiese spielende Kinder stinkend aus der Wiese kommen. Die Meinung zu dem beliebten Treffpunkt für die Jugendlichen gehen bei den Anwohnern auseinander. Allgemein nervig ist die laute Musik (die zumindest nicht meinen Musikgeschmack trifft) und der ständige „Kifferduft“ zwar schon, aber ich finde keinen Grund zur Aufregung. Inakzeptabel ist der Dreck, der viel zu oft von den Gelagen zurückbleibt. Warum drei Meter entfernte Mülleimer nicht genutzt werden, ist mir ein Rätsel! Ein Hoch auf alle Nachbarn, die wahrscheinlich deutlich öfter als die AWB den Dreck wegräumen.

Dass der Waldkauzweg morgens regelmäßig von Elterntaxis genutzt wird, um die Kinder zu der nur wenige Meter entfernten Anne-Frank-Schule abzusetzen, finde ich eigentlich gut, da dadurch das Verkehrschaos an der Adlerstraße entlastet wird. Inakzeptabel jedoch ist, dass es viele Elterntaxis eilig haben und viel zu schnell durch den verkehrsberuhigten Waldkauzweg brausen. Schade, wie so oft sind die Eltern die größte Gefahr für die Kinder. Es kam leider auch schon zu einem bis heute ungeklärten Todesfall… eine gutmütige Katze aus der Nachbarschaft ist einmal nicht rechtzeitig ausgewichen. Absolutes Unverständnis, wie sowas in einer verkehrsberuhigten Straße passieren konnte! Der Trend zum 2. oder 3. Auto je Familie wurde bei der Planung vor 30 Jahren auch noch nicht vorhergesagt. So ist der Waldkauzweg eine sichere Einnahme-Quelle für das Ordnungsamt, dessen Mitarbeiter/innen bestimmt einmal im Monat hier fleißig ihre Knöllchen verteilen.

Der Zusammenhalt der Bewohner ist toll. Auch wenn es (vielleicht auch wegen der Unübersichtlichkeit des Waldkauzweges) nicht die „eine Nachbarschaft“ gibt, so laden zumindest im hinteren Teil (beim Wendehammer) jährlich Reibekuchen beim Martinsumzug, Bierchen am Rosenmontagsumzug ein; selbst Apfelsaft wurde schon mit einer mobilen Mosterei im Waldkauzweg hergestellt. Im kleinen Kreis gibt es auch Wanderausflüge oder gemeinsame Kochevents. Viele Bewohner (auch aus benachbarten Straßen) sind jetzt über nebenan.de organisiert, was uns schon oft gerettet hat mit Skischuhen, Werkzeug etc. Wir nennen das Nachbarschaftshilfe 2.0

Als der Martinsumzug früher noch an der Grundschule in der Adlerstraße endete, war der Waldkauzweg ein wahres Eldorado für singende Kinder an den Haustüren. Da konnte man ohne weiteres 50 singende Kinder innerhalb einer Stunde vor der Türe erleben. Seit der Zug einen anderen Weg nimmt, ist das leider deutlich weniger geworden. 

Mein persönliches Fazit: In Summe kann ich mir keine bessere Straße zum Leben vorstellen. Vor ein paar Jahren hatten wir überlegt, nochmal umzuziehen. Das hatten wir aber sehr schnell wieder verworfen, da unsere Nachbarschaft einfach die beste der Welt ist!

Nächsten Monat besuchen wir die Hans Bergestraße. Und wie lebt es sich In Ihrer Lieblingsstraße? Erzählen Sie es uns! Lob, Kritik, Alltagsbeobachtungen – alles ist in dieser SÜDBLICK-Serie möglich. Schreiben Sie an: newsletter@dorfgemeinschaft.koeln

MEINE STRASSE: Reiherstraße, vorgestellt von Mathilde Voss

Siebengebirge oder Rondorf? Ein Bauwagen lockte Mathilde Voss 1978 in die Reiherstraße. Seit 40 Jahren lebt sie jetzt hier. Hier feierte sie auch Ende April ihren Geburtstag. Und lässt sich selbst in Zeiten wie diesen nicht unterkriegen. 

Ich erinnere mich noch gut an das Jahr 1973. In diesem Jahr gab es einen autofreien Sonntag. Diesen Sonntag nutzten wir, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln ins Siebengebirge zum Wandern zu fahren. Da wir das Siebengebirge sehr liebten, wollten wir eventuell im Alter auch dort wohnen. Aber schon auf dem Heimweg mit Bahn und Bus wurde uns klar, die Landschaft im Siebengebirge gibt Erholung; diese ist jedoch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu umständlich zu erreichen.

Unser Heimweg führte uns über die Bussard Straße. Hier stand ein Bauwagen und ein Bauunternehmer bot vier Wohnblöcke an, von denen zwei Blocks in der Bussard Straße und zwei in der Reiherstraße erbaut werden sollten. Da ich bereits seit 1960 in Rondorf wohnte, war mir der Ort gut bekannt. In den Jahren meiner Ausbildung zur Lehrerin hospitierte ich oft in der Volksschule Rondorf und war auch aktiv in der Kirchengemeinde. So war das Betreten des Bauwagens und ein Gespräch mit den Anbietern der Wohnung eine schnelle Entscheidung. 1980 konnten wir einziehen. 

Die Reiherstraße wurde zunächst nur auf einer Seite bebaut. Auf der gegenüberliegenden Seite, die zur Autobahn gerichtet war, gab es zu dieser Zeit eine kleine Siedlung mit Schrebergärten. Daran schlossen sich Getreidefelder an. Von unserem Balkon konnten wir im Frühjahr die blühenden Obstbäume und dahinter die gelb blühenden Raps- und Getreidefelder genießen. Im Sommer feierten die Besitzer der Schrebergärten ihre Feste und frohe Musikklänge ließen uns daran teilnehmen. 

Unser Ort hatte zu der Zeit noch einige Landwirte, die ihre Felder bearbeiteten. Milch, Eier und Gemüse kaufte ich beim Bauern vor Ort. Rondorf war bis in die 80er Jahre ein Straßendorf. Kirche, Schule und eine Poststation bildeten den Mittelpunkt. Nachdem 1968 die Schule bereits am Rande von Hochkirchen neu gebaut wurde (aus der Volksschule entstanden Grund- und Hauptschule) errichtete auch die katholische Kirchengemeinde eine neue Kirche in der Nachbarschaft.

Als ein paar Jahre später die Stadt veröffentlichte, die Felder als Bauland zu nutzen, verschwand in den Jahren 2000 bis 2005 unsere wunderbare Gartenlandschaft; Wohnungsbaugesellschaften errichteten mehrgeschossige Häuser. Anfänglich regte sich in unserer Siedlung noch Widerstand. Aber heute, nach mehr als 20 Jahren, möchte ich sagen, dass die Aufteilung sowohl von Mehrfamilienhäusern und Einfamilienhäusern mit Grünflächen eine gute Wohnparklandschaft darstellen.

Das Zentrum von Rondorf ist in Richtung Hochkirchen immer weitergewachsen. Mit Stadtparkasse, Post, Apotheke, Kirche und Schule bildet die Reiherstraße heute eine gute Tangente. Auch zum Einkaufen ist es möglich, sich als älterer Mensch hier gut zu versorgen.

Nächsten Monat besuchen wir den Waldkauzweg. Wollen auch Sie uns Ihre Straße vorstellen? Wie ist dort der Alltag in diesen Zeiten? Schreiben Sie an: newsletter@dorfgemeinschaft.koeln

EINER VON UNS: Frank Tuchel

In plötzlichen Situationen flexibel zu sein, darin ist Frank Tuchel bestens geübt. Doch so eine Ausnahmesituation hat selbst der erfahrene Eventmanager noch nie erlebt: Corona hat auch seine Planungen gehörig durcheinandergewirbelt. Trotzdem ist dem Neu-Rondorfer die Freude an Shows und Galas nicht vergangen. Im Gegenteil: Er bastelt gerade an neuen kreativen Ideen. Sobald die Krise überstanden ist, will er gemeinsam mit seiner Frau Sonja auch lokalen Veranstaltern im Kölner Süden mit Rat und Tat unter die Arme greifen.

Ganz tief in seinem Herzen ist er immer noch ein Düsseldorfer. Aber der Liebe wegen hat Frank Tuchel vor knapp einem Jahr sein Büro von dort zum rheinischen Rivalen Köln verlegt und ist nach Rondorf gezogen. Denn seine Frau ist hier seit nun fast 20 Jahren heimisch und hat ihn überzeugt: „Hier ist es so schön, hier will ich nie wieder weg!“. Als sie diese Geschichte erzählen, müssen beide lachen. 

Oder liegt der Ortswechsel vielleicht auch daran, dass Köln für Kreative doch inspirierender ist? Seine ehrliche Antwort: „Nein, das glaube ich ehrlich gesagt nicht, auch in Düsseldorf gibt es viele kreative Köpfe. Der wahre Grund ist sehr pragmatisch: Die ständige Fahrerei zwischen Köln und Düsseldorf ging mir ziemlich auf die Nerven. Allerdings mussten wir zunächst einmal das richtige Objekt finden, in dem wir neben dem Privaten auch die Agentur unterbringen konnten. Das haben wir dann im letzten Jahr geschafft und wir fühlen uns jetzt sehr wohl in unserem neuen Domizil in Rondorf“. 

Gerade flimmert ein neuer Videoclip über seinen Bildschirm, der demonstriert, was Frank Tuchel unter modernem Entertainment versteht. Die Events seiner Firma „Public Work“ stehen für Emotion pur. Optische Inszenierungen, viel Action und gefühlvolle Momente, die für den berühmten „wow“-Effekt sorgen, das ist sein Ding. Artistik, Musik, Moderation, Comedy oder komplette Showproduktionen, seit über 30 Jahren überrascht der Unternehmer seine Kunden mit speziell für sie entwickelten Konzepten und realisiert unvergessliche Live-Erlebnisse – von der Planung über die Organisation bis hin zur Durchführung aller Details in Technik, Dekoration oder Spezialeffekten. 

Da werden auch schon mal Top-Größen aus Rock und Pop wie Chris der Burgh, Silbermond, Ray Garvey oder Adel Tawil eigens eingeflogen, um den ganz großen Gig auf die Bühne zu zaubern. Frank Tuchels Geschäftspartner, das sind vor allem Unternehmen, die aus speziellen Anlässen wie Firmenjubiläen, Messen, Produkteinführungen ihre Klientel mit etwas ganz Besonderem begeistern wollen. Deshalb ärgert er sich auch ein bisschen, wenn ihn manche als „Partyveranstalter“ titulieren. Seine Philosophie ist eine andere: „Es kommt nicht unbedingt auf die Größe einer Veranstaltung an, es sollte für die Gäste immer etwas Besonderes sein, was sie mit Heim nehmen. Denn es gibt nichts Schöneres, als die Gäste mit einem Lächeln im Gesicht den Saal verlassen zu sehen! Das ist Emotion pur und macht unseren Job so einmalig. Man sieht das Resultat unserer Arbeit unmittelbar und ungeschminkt in den Gesichtern der Menschen!“

Früher hat der 54-jährige erfolgreich für das Team der Eishockeymannschaft der Düsseldorf EG gespielt. Da liegt die Frage nahe: Wie dünn ist das Eis, auf dem sich die schnell lebige Unterhaltungsbranche bewegt, immer auf der Suche nach neuen Stars und Sensationen? Seine Antwort fällt aktuell ziemlich ernst aus: „Um im Bild zu bleiben, bricht gerade der gesamte Kreativmarkt ein, vielen Veranstaltern von Musikveranstaltungen, Tourneen, Events droht der wirtschaftliche Kollaps durch die flächendeckende Absage von Projekten in diesen Wochen und Monaten.“ Es geht immerhin um rund 40.000 Mitarbeiter in einer Branche, die jährlich mehr als fünf Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet. Darunter sind viele Selbständige und Dienstleister wie Technik-Verleiher, Ausstatter, Künstler, Caterer oder Sicherheitsunternehmen, die jetzt ums Überleben kämpfen, sorgt sich der Eventmanager. 

Für ihn gibt es dennoch nur eine Devise: The show must go on! „Irgendwann wird der Vorhang auch wieder aufgehen!“ ist er überzeugt. Seine langjährigen und vielseitigen Erfahrungen, die er auf den ganz großen Showbühnen und zahllosen nationalen & internationalen Events gesammelt hat, möchte er dann auch in den Dienst lokaler Vereine und Initiativen im Kölner Raum stellen, die vielleicht nicht über das ganz große Budget verfügen. Um dieses zweite Standbein wird sich künftig seine Frau Sonja kümmern. Sie ist seit mehr als 25 Jahren in der Veranstaltungsbranche tätig, davon knapp 12 für den Kölner Circus Roncalli. Die Idee dahinter: 

Wir haben mit „passion4event“ die kleine Tochter der Public Work Entertainment GmbH ins Leben gerufen, die sich als Dienstleister für Veranstaltungen versteht. Hier steht vor allem die organisatorische und dienstleisterische Seite für Firmenfeiern, Jubiläen, Geburtstage, Hochzeiten, Veranstaltungen etc. im Vordergrund. Mit der Erfahrung aus den Events der Public Work bietet „passion4event“ das gesamte Know-how für kleinere Feiern und schmalere Budgets. 

Mal sehen, vielleicht wird aus dem Mann aus Düsseldorf dann doch ein überzeugter Kölner. Herzlich willkommen in Rondorf! Und noch einmal: The show must go on! 

Meine Straße: Am Bödinger Hof

Vorgestellt von Birgit Krause

„Auch wenn sich das Beobachten unserer spielenden Kinder draußen derzeit weitgehend erübrigt, wissen wir, dass wir uns immer aufeinander verlassen können, gerade in Zeiten des Corona-Virus. Ein Lächeln von Fenster zu Fenster oder ein Gruß von Tür zu Tür geht immer.“ So sieht Birgit Krause die aktuelle Lage in „ihrer“ Straße Am Bödinger Hof, wo ein Super Miteinander von Groß und Klein die Nachbarschaft prägt. Und zwar nicht nur jetzt.

Unsere kleine Spielstraße ist eine Sackgasse und befindet sich gleich hinter dem historischen Bödinger Hof. Sie wurde als Neubaugebiet 2003/ 2004 bezogen. Ein paar Häuser gab es bis dahin schon – allerdings unter der Straßenbezeichnung Kapellenstraße, am Ende dieser Häuser schlossen sich die Brombeerhecken an – ein Paradies für Vögel und Schmetterlinge und inzwischen ein Kleinod für uns.

Denn es kamen unsere 21 Doppelhaushälften hinzu. Schon nach kurzer Zeit verflog das teilweise vorhandene Heimweh nach dem ursprünglichen Wohnort, denn wir wuchsen schnell zu einer tollen Gemeinschaft zusammen. Wir trafen uns auf der Straße, um unseren Kindern beim Spielen zuzusehen oder sie beim Lernen diverser Fahrgeschäfte zu begleiten – vom Dreirad, über Fahrrad, Inlineskates, Einrad oder Skateboard. Und noch dazu: Hinter unserem Wohngebiet gibt es den Bolzplatz und das kleine Wäldchen, ebenfalls eine schöne Möglichkeit für kindliche Weiterentwicklung.

So entstanden über die reine Nachbarschaft hinaus mit den Jahren sogar echte Freundschaften: Gemeinschaftliches Fußballgucken, nicht nur zur Weltmeisterschaft, gehört dazu, aber auch gemeinsame Theaterbesuche. Die Kleinen lernen von den Großen und manchmal auch umgekehrt. So lässt ein Nachbar den interessierten Nachwuchs an diversen Reparaturen in seiner Hobby-Werkstatt teilhaben. Schön ist es dabei, ein Schwätzchen zu halten oder den Gesprächen der Kleinen zu lauschen. Jeder nimmt jeden, so wie er ist, trotzdem sind wir füreinander da, ob zum Päckchen annehmen (was laut Postboten gar nicht so selbstverständlich ist) oder für die ein oder andere fehlende Zutat, für die gegenseitige Kinderbetreuung oder bei Ausfall der heimischen Waschmaschine. 

In Zeiten von Corona helfen wir uns gegenseitig und bieten unseren Nachbarn noch mehr Unterstützung an, wie zum Beispiel Einkäufe zu erledigen oder Rezepte abzuholen. Inzwischen ist es Tradition, dass wir einmal im Jahr ein Sommerfest in unserer Straße veranstalten. Dabei teilen wir, was die Planung angeht, die Straße in den oberen, mittleren und unteren Teil der Straße ein, so dass nicht immer die gleichen Personen für die Organisation zuständig sind. Am Nachmittag finden Spiele und gemütliches Kaffeetrinken statt, am Abend wird gegrillt und geklönt. Hierauf freuen sich alle schon das ganze Jahr.

Aus dieser Erfahrung heraus haben sich noch mehrere Events herauskristallisiert. Als die Kinder noch kleiner waren, fanden in unserem Haus Nikolausfeiern statt. Jedes Kind wurde zum Nikolaus gerufen und wir alle erfuhren, was sie im Laufe des Jahres so alles richtig und falsch gemacht haben. Mit großer Ehrfurcht näherten sie sich dem Mann im Nikolaus-Kostüm – eine schöne Erinnerung an eine Zeit, dem die meisten Kinder inzwischen entwachsen sind.

Damit aber nicht genug. Wir treffen uns auch zu Halloween in einer der nachbarlichen Garagen zum gemeinsamen Gruseln, Essen und Trinken. Die Kinder ziehen währenddessen verkleidet umher und sammeln Süßes oder Saures. Auch kurz vor Weihnachten gibt es noch mal Gelegenheit für eine inzwischen traditionelle Zusammenkunft: das Glühweintrinken vor unserem Haus. Dabei bringt wieder jeder Anwohner eine Kleinigkeit zu essen mit und wir genießen gemeinsam eine schöne Einstimmung auf das bevorstehende Weihnachtsfest. 

Im letzten Jahr haben wir erstmals etwas Neues ausprobiert: einen Garagenflohmarkt. Im Rahmen der 72-Stunden-Aktion haben wir unsere Schätze aus Garage und Keller zum Verkauf angeboten. Zusätzlich haben wir einen Cafeteria-Stand mit Waffeln und Kuchenverkauf auf die Beine gestellt, dessen Erlös einem sozialen Zweck zu Gute gekommen ist. So konnten wir mit einem nennenswerten Betrag unser Hospiz hier in Rondorf unterstützen. Noch wichtiger fanden wir aber den Spaß, den wir gemeinsam hatten, den Flohmarkt auf die Beine zu stellen und in viele freundliche Gesichter aus der Nachbarschaft zu blicken. Viele Besucher entdeckten unsere Straße dabei erstmals und fanden besonders die Ruhe und das freundschaftliche Miteinander in unserer Nachbarschaft bemerkenswert.

Und noch eine Besonderheit in unserer Straße: Wir schätzen uns glücklich, eine 100-jährige Bewohnerin unsere Nachbarin zu nennen. So konnten wir letzten Oktober mittels Ständchen und Sekt-Umtrunk auf der Straße ihren Geburtstag bei guter Gesundheit feiern. So leben wir hier mit mehreren Generationen und auch mehreren Nationen herrlich zusammen – selbst in so außergewöhnlichen Zeiten wie diesen. 

EINE VON UNS: Angela Wotzlaw Leiterin der Justizvollzugsanstalt Köln

Und dann auch noch Corona-Alarm! Die Wochen sind gerade wieder äußerst turbulent im Leben von Angela Wotzlaw, der Leiterin von Deutschlands zweitgrößter Justizvollzugsanstalt. Für die couragierte Rondorferin ist kaum ein Tag wie der andere. Dem SÜDBLICK gab sie einen Einblick in den Alltag hinter den Kölner Gefängnismauern.

„Ja, das ist mein Traumberuf!“ bekennt die 55-jährige Juristin. Und fügt mit fester Stimme hinzu: „Ich wusste bei meiner Berufung zur Leiterin der JVA Köln, auf was ich mich da einlassen würde. Aber wenn der Minister Sie fragt, sagen Sie nicht nein!“ Und so ist Angela Wotzlaw seit Oktober 2011 in Ossendorf für knapp 1200 Inhaftierte verantwortlich und zuständig für rund 500 Mitarbeiter, die im Schichtbetrieb rund um die Uhr im Einsatz sind.

Eigentlich wollte sie Staatsanwältin werden. Dass es dann anders kam, hat sie keinen Tag bereut.

Aber warum „Traumberuf“ in einem Job, in dem sie immer verfügbar sein und ständig auf plötzliche, oft ziemlich heikle Situationen gefasst sein muss?

Recht schnell kommt die Mutter zweier erwachsener Kinder auf ihre sehr klare Überzeugung zu sprechen: „Für mich ist dies ein Dienst für die Gesellschaft. Wir richten ja nicht über Menschen. Das tun die Gerichte. Unsere Aufgabe ist es, Menschen zu resozialisieren, die oftmals nie ein sozial geordnetes Leben gekannt haben!“ Dass die Erfolge dabei begrenzt sind, rund 45 Prozent aller erwachsenen Straftäter in NRW-Gefängnissen wieder rückfällig werden, das beschäftigt sie sehr.

„Ich muss nicht selten Tatvorwürfe, aber auch Lebensgeschichten lesen, die schon deutlich unter die Haut gehen“, gibt sie zu.

Und oft ist ihr Alltag eine „Gratwanderung“. Denn ihre Devise lautet: Konsequentes Handeln ja, aber ebenso auch die Bereitschaft, zuzuhören! Deshalb nimmt sich Angela Wotzlaw auch so viel Zeit wie möglich für persönliche Gespräche, in denen nicht nur ihr juristisches Rüstzeug gefragt ist, sondern auch viel Psychologie und pädagogische Erfahrung. „Einigen fehlt zum Beispiel jedes Problembewusstsein für die begangenen Straftaten bzw. sie verstehen die Gründe nicht, die dazu geführt haben. Diese Personen dann so zu führen, dass sie lernen, mit ihrer Schuld zu leben, ihr Fehlverhalten zu erkennen und sich selbst um einen Ausweg aus ihrer Lebenslage bemühen, das ist eine große Herausforderung!“

Aber wenn sich dann tatsächlich nach Jahren zum Beispiel eine der einstigen Insassen bei ihr meldet und sich bedankt mit dem Satz, die vorgelebte Überzeugung und der soziale Ansatz der Anstaltsleiterin habe „geholfen, Anschluss im normalen Leben zu finden“, dann sind das jene Momente, in denen die JVA-Chefin den täglichen Stress einmal vergessen kann. Oder auch wie jüngst bei der Karnevalsveranstaltung für die Frauen von Ossendorf. Seit 15 Jahren gibt es die Veranstaltung „Mädchensitzung im Klingelpütz“, die dank enger Zusammenarbeit mit dem Festkomitee Kölner Karneval einige der besten Bands und Tanzcorps für einige Stunden in die Strafanstalt holt. „Und dann fangen manche Frauen an, sich zu öffnen, wir kommen besser ins Gespräch – insofern ist auch das ein wichtiger Teil unserer Sozialisierungsanstrengungen“.

Doch Angela Wotzlaw weiß auch: Bei manchen bleibt der gesellschaftliche Makel ein Leben lang. Sie sieht jedoch in den Frauen und Männern hinter Gittern keine Menschen zweiter Klasse, sondern Menschen, die Hilfe brauchen – unabhängig von der Brutalität ihrer Taten oder der berechtigten Härte ihrer Strafen.

Was also muss man für diesen Beruf vor allem mitbringen? Da setzt sie auf den Dreiklang von Empathie, Führungsstärke, Flexibilität. „Soziale Fürsorge“ beschreibt sie selbst das Hauptmerkmal ihrer komplexen Rolle. Ob sie manchmal auch Angst hat, bedroht zu werden? Da kommt ein klares „nein“. Das sei bisher noch nie der Fall gewesen. In all den Jahren ist sie noch nie in eine Situation geraten, in der sie etwa körperlich angegriffen wurde. Als Frau fühlt sie sich im Übrigen keinesfalls schwächer als männliche Kollegen. „Sie müssen einfach nur konsequent auftreten, klare Haltung zeigen, die roten Linien deutlich machen, aber auch gerecht und ansprechbar sein!“ 

Doch einen Preis muss die gebürtige Kölnerin dennoch für ihr wichtiges Amt zahlen: Sie lebt sehr zurückgezogen. „Mich erkennt keiner. Auch dann nicht, wenn ich mit dem Hund spazieren gehe“, sagt sie mit einem Lächeln.

Die Justizvollzugsanstalt Köln ist die zweitgrößte in Deutschland nach München-Stadelheim. Im Jahr durchlaufen sie bis zu 7.500 Gefangene. Einige länger, manche nur für Monate. Aber der „Klingelpütz“ ist nach 50 Jahren reichlich in die Jahre gekommen. Der Brandschutz wurde zwar nachgerüstet, Türschlösser, Sanitäranlagen und Elektrik aber sind veraltet, die Bausubstanz ist in schlechtem Zustand, hinzu kommt eine Schadstoffproblematik u.a. mit Asbest. Deshalb hofft Angela Wotzlaw auf den baldigen Neubau, der durch den Landtag bereits beschlossen wurde. Ihr Ziel: Kleinere Abteilungen. „Wenn 70 Leute auf engem Raum zusammen sind, ist das einfach zu viel. Bei kleineren Gruppen lässt sich soziales Verhalten besser einüben. Ich hätte auch gern größere Zellen, bessere Duschräume und vor allem mehr Räumlichkeiten für Arbeitsplätze“, zählt sie auf. 

Hat ihr Beruf ihren Blick auf die Gesellschaft verändert? Die starke, eher kleine Frau nickt. „Ich sehe heute manches kritischer. Denn wenn Eltern, Schule und Behörden bei der Erziehung eines Menschen schon versagt haben, jemand im Leben nur Misserfolge hatte, ist es für uns am Ende dieser Fahnenstange schwierig, das alles aufzuholen!“

Deshalb legt die Leitende Regierungsdirektorin auch so großen Wert darauf, ihren Häftlingen schulische Abschlüsse und eine berufliche Qualifizierung zu ermöglichen. Da gibt es zum Beispiel Angebote im Textilbereich, bei der Gebäudereinigung, in Werkstätten oder der Küche. „Manche sind ja praktisch sehr begabt, der nächste hoch intelligent, aber leider fehlgeleitet. Dem dritten fehlt es schlicht an Selbstvertrauen, er hat seine Probleme immer nur mit Drogen verdrängt“, zählt sie ihre Alltagserfahrungen auf. Hilfreich für die Sozialisierung sind aber auch die Sportangebote von Fußball bis tänzerische Gymnastik.

Bleibt noch eine Frage. „Frau Wotzlaw, können Sie noch Krimis lesen oder im Fernsehen schauen?“

„Natürlich“ meint sie. „Nur den ARD-Tatort gucke ich nicht.“ Dafür liebt sie Agatha Christie und vor allem ihre Helden Miss Marple und Hercule Poirot. „Wichtig ist mir, dass die Geschichten nicht zu düster sind – und am Ende doch irgendwie gut ausgehen!“ bekennt sie.

So wie im richtigen Leben? Immerhin, der Corona-Verdacht in der Justizvollzugsanstalt Ossendorf hat sich schon am nächsten Tag nicht bestätigt. Endlich eine Sorge weniger für Angela Wotzlaw.

Eine von uns: Ulla van der Poel

Hier ist immer was los. So viel, dass für Jubiläumsvorbereitungen kaum Zeit ist: Anfang 2021 wird das „Haus der Familie“ in der Reiherstraße zehn Jahre alt – und ist aus dem gesellschaftlichen Leben des Wohngebietes nicht mehr weg zu denken. Der Motor hinter der Erfolgsstory hat einen Namen: Ulla van der Poel. Neuestes Projekt ist ein tolles gemeinsames Fest für Familien, Nachbarn, Vereine am 20. Juni unter dem Motto: „Ein Dorf – ein Tisch“. 

„Die Idee für das Haus ist eigentlich aus einer Notlage heraus entstanden. Als in den 90er Jahren immer mehr junge Familien nach Rondorf kamen, fehlte dort vieles. Es gab vor allem keine Betreuungsangebote für die Kinder nach dem Schulunterricht, keinen Raum der Begegnung für Jugendliche, kaum Möglichkeiten für alte und neue Bewohner, sich zu treffen“, erinnert sich Ulla van der Poel noch ganz genau an die mühevollen Anfänge. Denn sie selbst erlebte diese Probleme hautnah; sie zog 1995 nämlich ebenfalls nach Rondorf und suchte für ihre beiden Söhne dort verzweifelt nach einer Übermittagsbetreuung. „Also packte ich selbst an und gründete 2002 mit einigen Mitstreitern den gemeinnützigen Verein Haus der Familie“.

Was als Provisorium an zunächst verschiedenen Standorten entstand, wurde im Laufe der Jahre eine richtige kleine Firma, die inzwischen neun feste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählt. „Der Beschluss im Jahre 2009, ein modernes Nachbarschaftshaus für generationenübergreifende Begegnung zu bauen, war schon ein bisschen kühn. Und ohne die GAG als Grundstückseigentümer und Bauherr und ohne die Unterstützung seitens des Jugendamtes der Stadt Köln hätte es wohl auch nicht so gut geklappt“, erinnert sich die umtriebige Frau, die hauptberuflich bei der Deutschen Welle arbeitet, auch heute noch dankbar an die Pionierzeit.

Denn seit dem Einzug in das jetzige Gebäude Anfang 2011 haben sich immer mehr Aktivitäten entwickelt. So treffen sich von montags bis freitags viele Jugendliche in der offenen Jugendeinrichtung „eins2null“ zum Spielen, Musikmachen, kreativer Freizeitgestaltung. Oder auch zum Mitternachtsfußball in der Turnhalle der Grundschule an der Adlerstraße. Weitere wöchentliche Angebote des Vereins sind der Gesundheitssport Ü50 und das Begegnungscafé. Regelmäßige Angebote gibt es in den gemütlichen Räumen mit einer modernen Küche in der Reiherstraße ferner für Frauen, die untereinander Kontakt und Austausch suchen. „Der Spieleabend für Frauen immer am letzten Sonntag im Monat ab 18:00 Uhr zum Beispiel bedeutet nicht nur Spaß bei Karten- oder Brettspielen, sondern auch, miteinander zu reden und zu lachen, sich kennenzulernen und voneinander zu lernen“, erläutert Ulla van der Poel. 

Die Kleinsten von 0 bis drei Jahren wiederum finden in der Kita „Pünktchen“ in der Kolberger Straße eine liebevolle Betreuung. Hier hat die Immobilien-Firma Langemann zwei Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus umgebaut und an den Verein vermietet. Ulla van der Poel managt dies alles als Vorsitzende ehrenamtlich seit 2004. Und hat mit sehr viel Elan mit ihrem sechsköpfigen Vorstandsteam sowie weiteren Engagierten immer neue Projekte realisiert: Die Ackerparty im Herbst, die nagelneue Jugendhütte auf dem Ackerparty-Gelände an der Talstraße, Ferienangebote, Mitsingkonzert, Filmabend, Adventsnachmittag, Silvesterfeier, Kurse, Seminare … und, und, und … Auch die Idee eines Mehrgenerationenwohnhauses, das im Neubaugebiet Rondorf Nordwest entstehen soll, unterstützt sie derzeit als Mitglied des Aufsichtsrates vom Hof der Familie eG i.G., einer jungen Genossenschaft. 

Jetzt ist wiederum eine neue Idee in Planung. „Wie können wir Nachbarschaften, Vereine, lokale Initiativen noch besser miteinander vernetzen?“ fragten wir uns im Vorstand. „Denn der Stadtteil wächst immer weiter. Und da sind gute Kontakte untereinander das Wichtigste“. „Ein Dorf – ein Tisch“ heißt daher die neue Einladung, die sich an alle richtet. Wenn sich genügend Interessierte anmelden, könnte daraus wiederum eine schöne Tradition werden. „Aber auch hier fangen wir erst einmal mit dem ersten Schritt an. Und aller Anfang ist zunächst bekanntlich noch klein“, weiß Ulla van der Poel aus langjähriger Erfahrung. 

Das Konzept klingt indes verlockend: Alle Personen, die mitwirken wollen bei diesem gemeinsamen Event von Haus der Familie und Dorfgemeinschaft, richten an diesem Tag ab 17:00 Uhr ihren reservierten Tisch für ihre Gästerunde aus Familie, Nachbarn, Vereinsmitgliedern festlich ein. Dann wird gemeinsam gegessen und gefeiert, jeder bringt etwas Kulinarisches mit. Ebenso sollen die Tische von den angemeldeten Teilnehmern fantasievoll ausgeschmückt werden unter dem Thema: Sommerträume – Traumsommer. Eine Jury wird die schönsten Tische küren und auszeichnen. Jeder, der dabei sein möchte, kann sich ab jetzt kostenfrei anmelden.

Zum 10. Geburtstag des markanten Gebäudes Anfang kommenden Jahres hat Ulla van der Poel einen großen Wunsch: „Noch mehr vor allem junge Familien sollten bei unserem Verein Mitglied werden und unsere Projekte unterstützen. Denn nur wenn die Bürgerinnen und Bürger selbst aktiv werden, kann sich gesellschaftliches Zusammenleben gut entwickeln“, ist sie überzeugt. „Wir wollen auch in Zukunft beweglich und bewegend bleiben durch Menschen, die Lust haben, mitzugestalten!“ fügt sie hinzu. Damals, im Bauboom der neunziger Jahre, hieß der Leitgedanke für das „Haus der Familie“, Raum zu schaffen für Begegnung und Miteinander. Jetzt, da Rondorf in den kommenden Jahren wiederum eines der größten Kölner Zuwachsgebiete wird, ist diese Idee aktueller denn je. 

Das „Haus der Familie“ startet somit in seine nächste Phase. Ulla van der Poel bleibt weiter mit an Bord, „denn, wenn man bereit ist, sich auf ein Engagement für diesen Ort einzulassen, ist es wunderbar, hier zu leben!“

Mehr Infos: www.hdf.koelnwww.hdf-eg.koeln

Sie wollen bei der Veranstaltung „Ein Dorf- Ein Tisch“ am 20. Juni dabei sein? Melden Sie sich kostenlos hier an 

Meine Straße: Carl-Jatho-Straße

Vorgestellt von Michael Grau

Er war ein über Köln hinaus bekannter evangelischer Pfarrer, der mit seiner Lehre einen heftigen Kirchenstreit auslöste: Carl Jatho. Dass er der Namensgeber dieser Straße wurde, ist sicher kein Zufall. Denn markantes Wahrzeichen der Sackgasse ist die evangelische Emmanuel Kirche mit dem hoch hinausragenden weißen Turm. Über eine sehr lebendige Straße, in der viel Musik zuhause ist, erzählt Michael Grau. 

Unser erstes Rendezvous mit der Carl-Jatho-Straße ereignete sich auf Grund eines Bauträgerinserats – „Preiswerte Reiheneinfamilienhäuser“ – im Sommer 1993. Links an der neu angelegten Sackgasse stand die weiße Emmanuel Kirche mit Gemeinde- und Pfarrhaus, davor der große, neu angelegte öffentliche Spielplatz. Gegenüber rechterhand blickten wir in eine lange Reihe frisch ausgehobener Baugruben. Nahebei standen zwei Bauwagen.

Den Vormittag verbrachten meine Frau und ich – unsere damals knapp ein Jahr junge Tochter immer dabei – damit, dort die Broschüren und Pläne zu studieren, die Himmelsrichtung der geplanten Häuser zu ermitteln, dann auch besorgt dem Lärm der nahen A555 zu lauschen und die nähere Umgebung zu erkunden. Am Nachmittag schon war die Entscheidung für eines der holländisch kostengünstigen und mit ihren Klinkerfassaden solide geplanten Reihenhäuser abschließend gereift: ein guter, für uns erschwinglicher Platz für ein Paar mit Kleinkind!

Damit waren wir in dieser Neusiedlerstraße mit 14 Häusern nicht allein. Das Kennenlernen der neuen Bewohnerschaft ereignete sich bei den nun folgenden regelmäßigen Baustellenbesuchen, beim Einziehen Anfang 1994, bei Austausch über Ärger mit dem Bauträger und Anlegen der Gärten in der Baustellenwüste. Und nicht zuletzt bei der Betreuung und Aufsicht der Kinder auf Gegenseitigkeit.

Die Kindergartenplätze folgten mit gehöriger Verspätung und in zu knapper Zahl, auch gleich gegenüber hinter der Emmanuel Kirche, mit Gedränge und Gerangel beim Run auf die wenigen Plätze.

Seit Bezug der neuen Häuser sind nun 26 Jahre vergangen. Die Gärten sind ein grünes Paradies geworden, der Spielplatz wurde mehrfach umgebaut, die Bäume sind groß, wie die Kinder, und die Altsiedler älter. Und damit hat nun auch nach und nach das Wechseln der Bewohner eingesetzt, eine neue Generation zieht ein…

Derweil hat sich die evangelische Kirchengemeinde zu einer überregional bekannten und zahlreich besuchten Heimat eines hochengagierten Musiklebens entwickelt. Das Gemeindezentrum beheimatet die beiden ältesten Orgeln in den Kölner Stadtgrenzen, die Musikschule Papageno, die Kurrende, den Rodenkirchener KammerChor und Orchester e.V. mit über 100 Mitgliedern, und eine Brassband. Neben den Gottesdiensten, deren Besuch sich stets lohnt, und dem „normalen“ Gemeindeleben summt und brummt es täglich in allen Räumen und Winkeln in Musik. Musik als kräftige Würze einer lebendigen Gemeinde! Dies ist die besonders schöne und interessante Seite der Carl-Jatho-Straße!

Jedoch, anders als in einer normalen Siedlungs-Sackgasse mit Spielstraßen-Beschilderung ist es mit einer beschaulichen Verkehrsruhe hier oftmals nicht weit her, und die Parkplatznot birgt so manches Konfliktpotenzial mit den Bewohnern. Man reibt sich gelegentlich auch verwundert die Augen, wie täglich für den Transport von Dutzenden Kids zu Kindergarten oder Musikschule die vielen Autos, teils tonnenschwere SUVs, eingesetzt werden müssen, natürlich stets in Einzeltransporten.

Und wie geht es hier weiter? Rondorf soll nun weiterwachsen. So plant die Stadt in Steinwurfweite auch eine Umgehungsstraße zwischen Siedlungsrand und der A555. Das zieht, auch wenn uns die Sackgasse erhalten bleibt, ein weiteres Mehr an Verkehrslärm nach sich. Auch die zahlreichen Hundebesitzer werden die neue Umgehungsstraße eher bedauern und müssen sich neu orientieren, denn sie soll dort die vielbesuchte Gassi-Rennbahn inmitten der Ackerflächen ersetzen.

Nächsten Monat besuchen wir die Reiherstraße. Wollen Sie uns auch einmal neugierig machen auf das Leben in „ihrer“ Straße? Dann schreiben Sie an: newsletter@dorfgemeinschaft.koeln

Willkommen im Café Jatho

Übrigens: Alle Bürger, die ein schönes Café suchen, sind herzlich eingeladen ins Café Jatho im Evangelischen Gemeindezentrum, immer montags von 15:30 Uhr bis 17:30 Uhr, Carl-Jatho-Straße 1

Eine von uns: Anastasia Dimitriou

Sie setzen im Veedelszoch am Rosenmontag einen ganz besonderen Farbtupfer, die rund zwei Dutzend Tänzerinnen und Tänzer der griechischen Folkloregruppe der „Thessalicher“. Wenn sie bunt, laut, fröhlich durch den Festzug wirbeln, ist die ganze Straße eine einzige Partymeile. Trainerin Anastasia Dimitriou will auch diesmal traditionelle Volkstänze mit kölscher Musik verbinden.

Aufgeregt? „Warum sollten wir aufgeregt sein? So etwas kennen wir gar nicht“ gibt die junge Griechin mit Kölner Wurzeln charmant zurück. „Aber wenn wir uns dann zum Zoch unter der Rodenkirchener Brücke aufstellen, ist die Vorfreude bei allen riesig“. Anastasia Dimitriou ist die Präsidentin und zugleich Trainerin der Tanzgruppe des Kulturvereins der Thessalicher in Köln. Zum zweiten Mal werden sie am 24. Februar bei der närrischen Parade von Hochkirchen nach Rondorf dabei sein und mit ihrer aufwendig verzierten roten Tracht, deren Ursprünge ins 18. Jahrhundert zurückreicht, ein ausgefallenes Stück heimische Folklore in den Kölner Fastelovend bringen. Drei Gruppen umfasst ihre Formation: Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Der Jüngste ist gerade mal drei Jahre alt. Und während andere Tanzformationen über mangelnden Nachwuchs klagen, ist bei dieser Gruppe das Interesse unverändert hoch. „Momentan läuft es richtig gut“, erfahren wir. Ja, sogar Mitglieder aus anderen Nationen haben sich inzwischen angeschlossen; sie kommen zum Beispiel aus Italien, Portugal oder gar dem afrikanischen Raum. Sie alle lockt das Besondere. „Pentozali oder Kotsari sind keine leichten Tänze, da muss man schon fleißig üben“, lacht Anastasia. Denn es sind vibrierende Tänze mit allerlei hohen Sprüngen. Und wie schwer ist es, die einzelnen Schritte sicher zu beherrschen? „Oh, das kommt ganz auf den Tänzer an“, gibt sie diplomatisch zu verstehen.

Deshalb wird jede Woche fleißig trainiert. Immer am Sonntagabend treffen sich Groß und Klein im „Haus der Familie“ in der Reiherstraße – und dann gibt die BWL-Studentin das Kommando vor. Es ist laut, es wirbelt wild durcheinander; es dauert eine Zeit, bis jeder den richtigen Schritt, den richtigen Rhythmus gefunden hat. Allerdings: In dieser Vereinigung geht es nicht nur um professionelles Bewegen, es wird auch viel gefeiert und noch mehr gelacht. So steht schon bald das nächste große Ereignis an: Am 25. März begehen die Griechen ihren Unabhängigkeitstag und das wird ebenfalls mit Tanz, Livemusik, Gedichten gefeiert. Und da sind die Frauen (viel) und Männer (wenig) wieder kräftig mit auf den Beinen.

Anastasia erzählt aus ihrer Heimat. Thessalien war die größte Region im antiken Griechenland und liegt im Norden des Landes. Musik und Tanz knüpfen heute noch an eine reiche Tradition an, die voller mykenischer Legenden ist. Wer kennt nicht den höchsten und berühmtesten griechischen Berg, den Olymp? Oder das Orakel von Delphi? „Jeder Tanz hat seine eigene Geschichte. Und ebenso jedes Ereignis. Am spektakulärsten sind die Hochzeitstänze, aber auch für traurige Ereignisse gibt es Tänze“ berichtet sie in einer Trainingspause. Das populärste Instrument ihrer Heimat ist die Klarinette, dies prägt vielfach auch die Musik.

Mehr als 7600 Griechen leben derzeit in Köln. Davon gehören rund hundert Familien im Kölner Süden zum Kulturverein der Thessalicher. Als die ersten von ihnen an den Rhein kamen, gründeten sie ein regelmäßiges Treffen für Menschen, die fern von der Heimat den Zusammenhalt pflegen wollten. „Aber für die junge Generation von heute waren diese Veranstaltungen bei Kaffee, Kuchen und voller Nostalgie etwas langweilig, wir suchten nach etwas Neuem“, erzählt die junge Frau, die selbst in Köln geboren wurde. Und so entstand vor rund zehn Jahren die Idee, eine Tanzgruppe zu gründen. Der Erfolg gab ihnen recht. Momentan sind zwei Dutzend Tänzerinnen und Tänzer aktiv dabei.

Und was bedeutet es für sie, am Rosenmontag beim Veedelszoch aufzutreten? „Wir sind Kölsche Jecke durch und durch“, gibt die Präsidentin lachend zu verstehen. Auch in Griechenland wird fröhlich Karneval gefeiert, „aber an Köln kommt da nichts ran“. Im letzten Jahr wurde mitten auf der Rodenkirchener Straße auch Sirtaki getanzt. Und was steht diesmal für den 24. Februar auf dem Programm? Da wird Anastasia sehr professionell: „Lassen Sie sich überraschen“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. 

Doch bis zu dem großen Augenblick gibt es noch Einiges zu tun. „Aber alle packen mit an“, strahlt sie in die Runde ihrer Tänzerinnen und Tänzer. Dann geht es weiter. Mit Koftos: Hopp auf dem linken Bein, rechte Hacke vor linker auf dem Boden aufstellen, Schritt mit rechts seitwärts nach rechts und immer so weiter … Oder Sta Tria im 4/4 Takt. Oder Kalamatianos, der aus zwölf Schritten besteht. Kein Fest ohne ihn! Der Fastelovend kann kommen

Meine Straße: Lindenweg

Vorgestellt von Caspar

Immer, wenn der Fastelovend seinem Höhepunkt zustrebte, waren die Anwohner des Lindenweg in Hochkirchen in besonders ausgelassener Stimmung, denn einer der ihren gehörte viele Jahre zur Kölschen Karnevalsprominenz – und das zeigte er auch farbenfroh und stimmungsvoll mit großem Aufmarsch allen Nachbarn. Caspar denkt noch heute gern an diese närrischen Zeiten in seiner Straße zurück – immer, wenn das Trömmelche geht….

Der Lindenweg ist mit gut 200 Metern Länge eine recht kurze Straße und verbindet eher unauffällig in Süd- Nordrichtung den Weißdorn- mit dem Großrotterweg. Noch bis zur Jahrtausendwende lebte hier relativ ungestört an einem Ende eine ehemalige Schaustellerfamilie in ihren Großwohnwagen. Doch dann wurde das freie Feld um diese Wagenburg herum Bauland, ist mittlerweile mit Einfamilienhäusern in Reihenhaus- und Doppelhausweise dicht bebaut und zu einem attraktiven Wohnviertel geworden. 

Alle, die sich hier niederließen, waren – wie wir selbst auch – schon vorher in Köln ansässig, teils sogar ‚Urkölsche‘ und wir feierten viel und gern zusammen. Doch einer war ganz besonders, unser „Prinz Karneval“. Im Jahr nach unserem Einzug kamen wir aus dem Staunen kaum heraus, als wir auf der Bühne des Saals Füssenich (das Haus mit der ehemaligen Traditionsgaststätte in Rondorf ist mittlerweile abgerissen worden) lauter Mitglieder des Traditionscorps der Roten Funken von 1823 e.V. erkannten. Unser Nachbar Gisbert Brovot, im Zivilberuf Architekt (er hatte übrigens die schon erwähnten freistehenden Einfamilienhäuser entworfen und geplant), war als Prinz Karneval des Jahres 1969 mit Leib und Seele General der Roten Funken. 

Dieser Tatsache verdankten wir Anwohner des Lindenwegs, dass jährlich während der 5. Jahreszeit sein Stammknubbel der Roten Funken begleitet vom Marieche mit singem staatse Jung lautstark und fröhlich im Lindenweg aufmarschierte und zu Ehren ihres Generals Truffel (kölsch für Maurerkelle) tanzte. Die Funken zählten zuvor selbstverständlich zu zweit ab, präsentierten stolz die Knabüs (Knallbüchse) und zeigten Stippeföttche. Von Jahr zu Jahr freuten wir uns mehr auf dieses ziemlich exklusive karnevalistische Spektakel. Leider verstarb unser Nachbar anno 2016, seitdem können wir im Lindenweg dieses wunderbare Schauspiel nicht mehr genießen. Er war außerdem lange Jahre der umtriebige Präsident des Kölner Festkomitees; alle Dreigestirne fuhren über die Jahre in ihren Karossen vor, um dem Präsidenten seine Aufwartung zu machen. Ich werde diese fantastischen Bilder wohl nie mehr vergessen und sende deshalb in diesen Wochen dankbar ein „Kölle Alaaf“ an unseren unvergessenen Prinzen aus dem Lindenweg von Hochkirchen.

Viele Traditionen sind bis heute lebendig geblieben: Muzen und Muzemändelche werden verzehrt, ebenso Frikadellen und Metthappen und Röggelcher met Kies. Am Rosenmontag gehen wir gern die paar Schritte vom Lindenweg auf die Rodenkirchenerstraße zum Veedelszoch, um die Atmosphäre des Straßenkarnevals und die Freude der Kinder zu erleben. Am Aschermittwoch ist Fisch obligatorisch.

Ja, auch der Fastelovend hat mit dazu beigetragen, dass wir im Lindenweg Ansässigen längst zu einer Gemeinschaft verschmolzen sind. Unvergessen bleibt mir, wie ein Nachbar im Jahr 1993 seinen fünfzigsten Geburtstag in der Form eines Straßenfests feierte. Der Lindenweg wurde gesperrt. Ein Toilettenwagen wurde aufgestellt, ein Tieflader wurde zur Bühne für zwei Live-Bands gestaltet. Die Straße wurde mit Bundeswehrzelten wetterfest gemacht. Und ein Bierpavillon sorgte dafür, dass keine Kehle trocken bleiben musste. Und wie es bei kölschen Straßenfesten üblich ist, waren sämtliche Nachbarn mitsamt der zahlreichen Kinderschar herzlich willkommen. Ja, feiern, das verstehen die Leute vom Lindenweg!

Auch bezüglich des Lebensalters und der Familienbiografie bestehen erstaunliche Ähnlichkeiten; wir verstanden uns schnell als eine Art Bauherrengemeinschaft. Und die bereits ansässige Nachbarschaft nahm uns Hinzukommende wunderbar auf. Der Tatsache zum Trotz, dass schon zu Beginn der Bauarbeiten der Kran umkippte und dabei das Haus des dort ansässigen Polizei-Pensionärs und seiner Frau beschädigte. Doch er nahm es erstaunlich gelassen. Ja, diesem liebenswürdigen Mann machte es über Jahre hinweg Freude, uns gelegentlich mit selbst gezogenem Salat, Gemüse und im Herbst mit Walnüssen seiner beiden großen Bäume zu versorgen. Ein weiterer Polizei-Pensionär von der anderen Straßenseite lud uns über Jahre in seinen Garten ein, wo wir nach Herzenslust Renekloden und Zwetschen pflücken konnten. Und wie staunten wir, als über Jahre hinweg in der Vorweihnachtszeit eine Seniorin vom anderen Nordende der Straße unseren Kindern mit Süßigkeiten eine Freude machte. Auch das ist „mein Lindenweg“.

Aber wie sind wir hier hingeraten? Nun, es war noch zu keiner Zeit einfach, bezahlbaren, familiengerechten und hinreichend geräumigen Wohnraum in günstiger Lage zu bekommen. Eines Tages im Jahr 1987 bemerkte ich als noch recht junger Mann während meiner täglichen Autofahrt von Lindenthal über Klettenberg, Hochkirchen, Immendorf und Godorf zur Arbeitsstelle in Wesseling ein Hinweis- und Werbeschild. Auf der linken Straßenseite kurz hinter der Autobahnbrücke stand es. In der beschaulichen und ganz ruhigen Straße Lindenweg sollten elf Reihenhäuser errichtet werden. Das Straßenbild dominierte eine majestätische Linde mit mächtiger Krone. Schnell brachte ich Näheres in Erfahrung und flugs reifte bei meiner Frau und mir der Entschluss, von der Bauträgerfirma ein schlüsselfertiges Reihenhaus zu erwerben. Seit dem Jahr davor, unser zweiter Sohn war geboren worden, hatten wir schon viele, kaum mehr zu zählende Miet- und Kaufobjekte besichtigt. Eine ganze Reihe davon in Rondorf und Hochkirchen. Stets kamen wir zum Ergebnis ‚zu teuer‘, ‚Umbau erforderlich‘, ‚zu klein‘ oder ‚gefällt uns nicht‘. Aber dieses projektierte einzig noch erhältliche Reihenmittelhaus am Lindenweg elektrisierte uns. Davor wäre Raum für den Stellplatz unserer Familienkutsche und nach hinten erschienen uns die verbleibenden 18,5 Meter ausreichend für Terrasse, Garten und sogar ein Häuschen für die Fahrräder. Dazu der schöne Blick ins Grüne.

Doch manchmal frage ich mich: Wie geht es hier weiter? Zweifellos ist ein ständiger Wandel spürbar. So wurde vor Jahren ein ursprünglich bestehendes Einfamilienhaus abgebrochen, um an gleicher Stelle zwei Doppelhaushälften zu errichten. Insgesamt ist unser Wohnbezirk erheblich angewachsen und dieser Tatsache ist zu verdanken, dass die KVB vor Jahren die Haltestelle Lindenweg schufen. Sehr praktisch, denn seitdem sind nur wenige Schritte nötig, um per Bus mit der Linie 132 über den Clodwigplatz ins Vringsveedel oder aber in die Altstadt bzw. ohne Umsteigen bis zu Dom und Hauptbahnhof zu kommen. Also von wegen Randlage! Und wer weiß, vielleicht werden wir ja wirklich eines Tages per Stadtbahn eine Gleisanbindung an das KVB-Netz bekommen!