Einer von uns: Claus Kreß

„Give peace a chance.“ Wer die Homepage von Claus Kreß besucht, stößt gleich auf diesen wohl berühmtesten Songtitel von John Lennon. Aufgenommen 1969. Der Kölner Jura-Professor war da gerade drei Jahre alt. Und doch wurde dieser Appell des Pop-Poeten später so etwas wie das Lebensmotto des Rondorfers. Denn der Straf- und Völkerrechtler ist heute einer der weltweit renommiertesten Juristen, wenn es um Fragen von Krieg und Frieden geht. Das ist sein „Herzensthema“. 

1998 verhandelte er für Deutschland mit bei der Gründung des Internationalen Strafgerichtshofes und seit dem letzten Jahr ist er Richter in einem Rechtsstreit vor dem Internationalen Gerichtshof, dem Hauptrechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen. Der SÜDBLICK wollte von ihm wissen: Bekommt der Frieden in unserer Welt jemals eine wirkliche Chance?

Er steht da inmitten einer Diskussionsrunde von drei Dutzend „Friedensbewegten“ im heimischen Pfarrzentrum Heilige Drei Könige. Die Debatte kreist engagiert um die Frage: „Warum gelingt es nicht, globale Konflikte anders als mit kriegerischer Zerstörung zu lösen?“ Zur gleichen Stunde senden die Fernsehnachrichten dramatische Bilder über neue schwere Auseinandersetzungen im Bürgerkriegsland Syrien, die zugespitzte Lage in Weißrussland. Blutige Kämpfe an vielen Ecken der Erde. „Ja, bei solchen Bildern muss jeder ganz tief schlucken; bei all diesem Leid versagt auch mir die Sprache. Aber genau das ist der Ansporn für mich, immer wieder über Regeln für friedliche Lösungen nachzudenken.“ Claus Kreß, der prominente Gesprächspartner des Abends, ist jetzt ganz in seinem Element. Denn er hat die Frage eines weltweiten Friedenssicherungsrechts zu seinem Lebensthema gemacht. 2012 hat er deshalb an der Kölner Universität ein Institut für internationales Friedenssicherungsrecht gegründet und ist dessen Direktor. Seitdem ist sein Rat, seine Expertise weltweit gefragt. Unermüdlich fordert er immer wieder ein klares Bekenntnis zur Idee des Völkerrechts ein. Doch seine Prognose an diesem Abend klingt keinesfalls optimistisch. Er sieht diese große Idee von vielen Seiten unter Druck durch eine „Allianz der Staaten, die sich vom Völkerrecht abwenden, durch Regierungen, die rücksichtslos auf eigene Faust kalkulieren“.

Was reizt ihn dennoch an seiner Aufgabe? Die Antwort kommt, ohne zu zögern: „Die Frage von Krieg und Frieden empfinde ich als elementar. Die Bewahrung des Weltfriedens ist die wohl wichtigste Voraussetzung dafür, dass zahlreiche andere zentrale Probleme erfolgreich bearbeitet werden können, etwa der Klimaschutz oder eine faire Weltwirtschaftsordnung“, erklärt der 54-jährige. Doch ist er frei von Illusionen: Das völkerrechtliche Gewaltverbot, dieser „Eckstein der internationalen Rechtsordnung“, steht unter Druck. Derzeit macht er sich auch Gedanken über die völkerrechtlichen Regeln, die bei Konflikten zwischen Staaten und transnationalen Terrororganisationen wie Al Quaeda oder dem „Islamischen Staat“ gelten müssen: „Früher standen die Konflikte zwischen Staaten ganz im Vordergrund. Inzwischen müssen wir den Blick auf solche nicht-staatliche Organisationen wie diese erweitern.“ Und er fragt: „Wann darf ein Staat einem anderen auf dessen Ersuchen hin militärischen Beistand auf dessen Staatsgebiet leisten?  Denken Sie etwa an die russische Unterstützung des Assad-Regimes in Syrien.“ Zuletzt beschäftigte ihn auch der Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny.

Begonnen hat die Karriere des Top-Juristen im Bundesjustizministerium. „Bei der Mitarbeit an einer sehr umstrittenen Strafrechtsreform habe ich die Gesetzgebung in Deutschland hautnah erlebt. Dann wurde 1998 der Internationale Strafgerichtshof gegründet. Das interessierte mich brennend. Denn meine Fächer Völkerrecht und Strafrecht flossen hier ja zusammen. Doch als blutjunger Beamter habe ich mir keinerlei Chance ausgerechnet, an der Gründungskonferenz in Rom teilnehmen zu dürfen. Aber als im Ministerium herumgefragt wurde, hat sich kaum jemand gemeldet. Da habe ich schüchtern die Hand gehoben – und erlebte sodann fünf unglaublich spannende Wochen in Rom, die am Ende sogar erfolgreich waren.“ Ein „Geschenk der Hoffnung für künftige Generationen“, so nannte der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan den neuen Gerichtshof in Den Haag.   

Wer dem smarten Professor zuhört, merkt schnell, da ist jemand, der nicht nur in großen Theorien denkt, sondern auch im politischen Alltag kein Blatt vor den Mund nimmt. So scheute er sich nicht vor Kritik etwa an US-Präsident Trump oder dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan. „Es gehört tatsächlich zu meinem beruflichen Selbstverständnis, nicht nur still über das Völkerrecht nachzudenken, sondern auch Stellung zu beziehen, wenn dieses Recht verletzt wird. In unserem Land genießen wir Wissenschaftler Unabhängigkeit. Das ist ein großes Privileg. Zur Glaubwürdigkeit gehört dann natürlich, niemanden von gebotener völkerrechtlicher Kritik auszunehmen“, bezieht er im SÜDBLICK-Gespräch klar Position.

Inzwischen haben sich dem Internationalen Strafgerichtshof 123 der 193 UN-Mitgliedsländer angeschlossen, darunter alle EU-Mitglieder. Nicht dabei ist jedoch China, Indien, Israel, Russland, Türkei und die USA. Wie wirksam also ist dieses Instrument, um Völkerrecht international durchzusetzen? „Es gibt zwar keine dokumentierte Erfolgsbilanz. Aber dass eine Institution Sanktionen verhängen kann, bleibt nicht ohne Wirkung“, konstatiert er. Der Kölner Experte nennt ein Beispiel: „In den letzten Jahren habe ich mich intensiv mit dem internationalen Verbrechen des Angriffskriegs beschäftigt, das man heute Verbrechen der Aggression nennt. Es ist nach langem Ringen gelungen, sich über eine internationale Definition zu einigen. Und seit 2018 kann der Internationale Strafgerichtshof seine Zuständigkeit über dieses Verbrechen ausüben.“ Immerhin ein konkreter Schritt für ein bisschen mehr Frieden.

Seine Zwischenbilanz lautet deshalb: „Bei aller Unvollkommenheit ist es im Lauf der Zeit gelungen, die Idee einer internationalen Rechtsgemeinschaft erheblich voranzubringen, sowohl durch die Schaffung von Normen als auch durch die Errichtung von Institutionen. All dies steht augenblicklich aber wegen der rechtsabgewandten Machtpolitik von Männern wie Trump, Putin, Erdogan oder Xi auf dem Spiel. Umso wichtiger ist es, dass die anderen nicht resigniert zurückweichen, sondern sich gemeinsam dafür einsetzen, das Erreichte zu bewahren.“ 

Und was stimmt ihn trotz aller Rückschläge für die Zukunft dennoch optimistisch? „Ich bin überzeugt, dass Recht und Institutionen widerstandskräftig sind, sie vergehen nicht über Nacht, wenn der Wind einmal rauer weht. Auch diese Herren sind, so meine feste Zuversicht, nicht das letzte Wort der Geschichte“, sagt der Rechtswissenschaftler. Und so hofft er, dass sich mit dem neuen US-Präsidenten auch die USA wieder aktiv für internationale Zusammenarbeit und Völkerrecht engagieren. Mit seiner Mission ist er weltweit unterwegs: Als Gastprofessor etwa an Hochschulen in Cambridge, Florenz, New York, Melbourne oder im japanischen Kyoto. Aber sein privates Zuhause hat er im Jahre 2000 mit seiner Familie in Rondorf gefunden: „Ich bin eine kölsche Seele – hier und dort zieht es mich zwar in die Ferne, aber ich komme immer sehr gerne wieder zurück an den Dom.“

Bleibt zum Abschluss unserer Tour d’Horizon durch die aufgewühlte Weltlage noch eine Frage: „Haben Sie ein historisches Vorbild? Eine Figur, von der man heute etwas lernen könnte?“  Da verweist Claus Kreß spontan auf Benjamin Ferencz, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg mit Kriegsverbrechen beschäftigte und unmittelbar nach der Befreiung in deutschen Konzentrationslagern ermittelte. „Er hat also auf einem mir vertrauten Feld gewirkt und tut es noch immer. Ich kenne ihn seit Jahren. Nachdem er als US-Soldat einige befreite deutsche Konzentrationslager gesehen hatte, wurde er im Alter von 27 Jahren Chefankläger in dem berühmten Nürnberger „Einsatzgruppenprozess“ gegen 22 nationalsozialistische Massenmörder. Danach setzte er sich für deutsche Entschädigungsleistungen an jüdische Opfer ein, und schließlich schrieb er dicke Wälzer gegen den Angriffskrieg und für den Weltfrieden. In diesem Jahr ist der letzte noch lebende Ankläger von Nürnberg 100 Jahre alt geworden – und Ben zögerte auch in seinem hohen Alter nicht, Donald Trump während dessen Amtszeit die Stirn zu bieten und ihm entgegenzurufen, dass er als Präsident der USA dabei sei, eine große Tradition seines Landes zu verraten, indem er das Völkerrecht mit Füßen tritt. Diese Haltung imponiert mir!“

Dann ist die Lehrstunde mit dem weltläufigen Professor aus Rondorf zu Ende. Zurück bleiben viele nachdenkliche Gesichter. Give peace a chance!

Meine Straße: Westerwaldstraße

Für Anita Ferraris ist die Westerwaldstraße eine echte Entdeckung

Vor zwei Jahren wohnte sie noch mitten in der Stadt und hätte sich nicht vorstellen können, eines Tages im Grünen am Stadtrand zu landen. Aber: „Mensch denkt, Gott lenkt“ Und so geriet Anita Ferraris ans hinterste Ende der Westerwaldstraße im Süden von Rondorf. Offen schildert sie, warum sie von dort nie wieder weg möchte.

Der Teil, in dem ich wohne, ist eine ruhige Privatstraße mit hübschen Mehrfamilienhäusern. Oft gehe ich übers Feld und treffe auf meinen Spaziergängen Menschen mit Hunden, was zu mancher netten Unterhaltung führt. In wenigen Schritten bin ich im Wald, den ich „das Westerwäldchen“ getauft habe. Dass ich hier glücklich lebe, verdanke ich tatsächlich einer Person, an die ich mich höchst ungern erinnere. Vom ersten Augenblick an, als die neue Nachbarin nämlich direkt neben mir in Köln-Bayenthal einzog, waren meine Ruhe und mein Seelenfrieden vorbei. Ab jetzt gab es nachts Party, tagsüber Lärm, und jederzeit Unverschämtheiten aller Art. Ich konnte nicht mehr arbeiten und nicht mehr schlafen. Sämtliche Versuche zur gütlichen Einigung scheiterten. Auf einen endlosen Kampf mit ihr hatte ich keine Lust. Ich entschloss mich also, umzuziehen. – In Köln eine Wohnung mit Balkon für mich und meine beiden Katzen zu finden, entpuppte sich allerdings als ein Ding der Unmöglichkeit. 

Zudem brauchte ich die Erlaubnis des Vermieters in der Wohnung arbeiten zu dürfen. Ich liebe meine Arbeit von Herzen und möchte meine Tätigkeit bis ins hohe Alter ausüben.

Im Innersten meiner Seele bin ich Künstlerin. 30 Jahre war ich als Regisseurin im Theater, beim WDR und als bildende Künstlerin tätig. In Köln leitete ich zwei Jahre lang das Theater „Der Keller“. Seit 15 Jahren bin ich Heilpraktikerin (Psych.) und arbeite als tiefenpsychologische Körpertherapeutin. Mein Konzept ist ganzheitlich und zeichnet sich durch eine fachlich fundierte Methodenvielfalt aus. Das Wesentliche bei der Körpertherapie besteht unter anderem darin, dass in den Sitzungen der Körper und die Körperwahrnehmung eine größere Rolle spielen als in einer reinen Gesprächstherapie. Zudem bin ich beratende und ausbildende Astrologin. 

Die Astrologie, die ich unterrichte und für Beratungen nutze, hat allerdings nichts mit dem zu tun, was der Laie aus den Tageszeitungen kennt. Als professionelle durch den deutschen Astrologenverband geprüfte und als Ausbildungsinstitut lizensierte Astrologin mache ich keine Zukunftsaussagen. Die psychologische Astrologie ist vielmehr eine uralte Symbollehre und beschreibt die seelische Struktur eines Menschen mit allen Möglichkeiten und wahrscheinlichen Grenzen. Ich nutze sie als Grundlage für Lebensberatungen. Immer noch fließt meine Kreativität in alle meine innig geliebten Tätigkeiten ein, und ich brauche eine entsprechende Umgebung, die mir entspanntes Leben und Arbeiten ermöglicht.

Auf meiner Wohnungssuche durchforstete ich also Tag für Tag das Internet. Auf allen möglichen Portalen betrachtete ich die mageren Angebote. Die Wohnungen waren überteuert oder potthässlich. Manchmal fuhr ich dennoch hin und lernte Stadtviertel und Straßen kennen, in denen ich noch nie gewesen war, die ich wahrscheinlich nie wieder betreten würde und in denen ich bestimmt nicht leben wollte. In meiner Not sprach ich mit meiner hellsichtigen Freundin Eliane. “Mach dir keine Sorgen! Deine neue Wohnung wartet schon auf dich. Sie ist lichtdurchflutet, die Vermieter sind entzückend und werden dich mit offenen Armen empfangen”, sagte sie fröhlich.

Eliane hatte gut reden. Schön wär‘s. Aber tatsächlich sah ich kurz danach im Internet faszinierende Bilder einer hellen Wohnung im Grünen, die mir nicht mehr aus dem Kopf gingen. Die Terrasse hatte eine gelbe Markise und gab den Blick frei auf Wiesen, Wald und Felder. Alles wirkte einladend. Aber – wollte ich so weit draußen am Stadtrand wohnen? Obwohl der Verkehr und der ständige Baulärm in der Innenstadt mir schon lange zu anstrengend geworden waren, war ich ein überzeugter Großstadtmensch. Also suchte ich weiter – und fand nichts. Sollte Eliane doch die Wohnung mit der gelben Markise gemeint haben? Ich machte mich auf den Weg nach Rondorf. Die Westerwaldstraße war so gut wie leer. Mir begegnete nur ein freundlich nickender älterer Herr, vermutlich mit seinem Enkelkind.

“Das kann ja heiter werden”, dachte ich. “Hier befindet sich scheinbar das Altersheim und der

Friedhof direkt vor der Tür.” Als ich auf dem Rückweg an einem Kiosk vorbeikam, der den Namen “Zur letzten Hoffnung” trug, war die Sache für mich endgültig gelaufen. Nie und nimmer würde ich hier hinziehen ans Ende der Welt. Enttäuscht rief ich bei der Maklerin an, um den Besichtigungstermin zu stornieren. Aber sie ließ nicht locker: “Schauen sie sich die Wohnung doch wenigstens mal an!“ Widerwillig gab ich nach. Ich trat durch die Tür und kam in einen sonnen- und lichtdurchfluteten Raum. Eine großzügige Fensterfront und Terrasse öffneten den Blick in die Weite.

Fasziniert betrachtete ich die beeindruckende Aussicht, nichts als Himmel und Wald. Natur pur! Und die Stille! Keine Autogeräusche, einfach nichts, nur fröhlich zwitschernde Vögel. Mein Herz wurde weit und jubilierte. Die erste Begegnung mit den freundlichen Vermietern war angenehm und schon auf dem Heimweg entschied ich mich: Auch wenn Füchse und Hasen sich hier gute Nacht sagten, die Wohnung und die Umgebung war bezaubernd. Ich würde hier einziehen.

Inzwischen wohne und arbeite ich hier seit zwei Jahren und bin überglücklich! Auf täglichen

Spaziergängen erkunde ich Rondorf und die Umgebung. Meine Befürchtungen, dass meine

Klienten meinen Umzug nicht mitmachen würden, waren unbegründet. Im Gegenteil, die Praxis läuft hervorragend. Stadtmenschen kommen gerne hierher und genießen es, nach einer Sitzung einen Spaziergang übers Feld oder in den Wald zu machen. Ich habe sehr nette Nachbarn und reizende Vermieter. Ich habe neue Freunde in Rondorf gefunden, unter anderem Paul Link.  Meine Katzen fühlen sich wohl und beobachten auf der Terrasse interessiert die Tauben. Die Westerwaldstraße ist jetzt mein neues zu Hause und gefällt mir von Tag zu Tag mehr. Hier komme ich innerlich zur Ruhe und genieße eine ganz neue Lebensqualität. Ein Glücksfall!

EINER VON UNS: Peter Göckeritz

Er ist ein Urgestein des Kölschen Fastelovend: Immer, wenn am 11.11. um 11:11 Uhr die Willy Ostermann-Gesellschaft stimmungsvoll die neue Session mit tausenden Jecken mitten auf dem Heumarkt offiziell eröffnete, dann war Peter Göckeritz, der langjährige Senatspräsident, oben auf der Bühne mittendrin. Seit 20 Jahren war das so. Doch jetzt fällt das traditionelle Narrentreiben erstmals seit 50 Jahren aus. Wegen Corona. Und der Schunkelprofi aus Hochkirchen rät: „Bleiben Sie am besten zuhause. Ladet die Familie ein und summt vor dem Fernseher die alten und neuen Karnevalsschlager mit!“ 

Jedes Jahr im Winter geht es wieder los …. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Seit 1969 hat es sich die traditionsreiche Willy-Ostermann-Gesellschaft zur ehrenvollen Aufgabe gemacht, am 11. November pünktlich um 11:11 Uhr den Start in die fünfte Jahreszeit mitten in der Altstadt zu organisieren. Live im Fernsehen feierte hier das neue, aber erst designierte Kölner Dreigestirn, flankiert vom Stadtoberhaupt und dem Festkomitee Kölner Karneval, stets seinen ersten großen Auftritt. „Wenn man dann da oben auf der Bühne steht, sieht die bunte Menge und zählt von 10, 9, 8 runter bis zum Startschuss, dann ist das ein Gefühl, das man gar nicht beschreiben kann“, erzählt Peter Göckeritz von seinen glücklichsten Momenten. 

Letztes Jahr strömten 25.000 Jecke zu den Ostermännern, die ersten standen schon um sieben Uhr vor der großen Bühne. Dann kamen immer mehr, bis der beliebte Heumarkt am Vormittag wegen Überfüllung geschlossen werden musste. Acht Stunden lang sorgten nahezu alle musikalischen Größen der Stadt, mehr als 40 Künstler und Bands, für jecke Töne in voller Lautstärke. Alaaf, Schunkeln, Singen, Bützchen: Niemand kennt diese einmalige Stimmung besser als Peter Göckeritz. Denn mehrere Jahre war er als Geschäftsführer und bis dieses Jahr auch als Senatspräsident der Willy-Ostermann-Gesellschaft mitverantwortlich für diesen ersten großen Sessionshöhepunkt. 

Und wie traurig schaut er diesmal diesem Tag entgegen, da Corona die Veranstalter dazu zwingt, den Feierfreudigen zuzurufen: „Wer Karneval liebt, sollte in diesem Jahr am 11 im 11 zu Hause bleiben!“ Der Hochkirchener ist Realist. Feiern bei steigenden Corona-Fallzahlen? Das geht aus seiner Sicht gar nicht. Deshalb gilt an diesem Tag: Keine Zuschauer, kein Karnevalstourismus. Stattdessen heißt im Corona Jahr 2020 die traurige, aber klare Botschaft: Nach Köln müsst ihr gar nicht erst kommen, da läuft an diesem Tag nix. Dennoch wehrt er aufkommende Frustgefühle deutlich ab: „Ich glaube nicht, dass der Straßenkarneval jetzt stirbt, weil er einmal ausfällt. Das alles ist zwar nicht schön, aber die Welt bricht deswegen nicht zusammen!“ Statt der großen Party in der Innenstadt wird es am 11. November eine TV-Live-Sendung aus der Wagenbauhalle des Festkomitees geben. Der Fastelovend-Profi begrüßt diese Idee: „Das ist meines Erachtens das einzige, was man jetzt machen kann, um überhaupt etwas karnevalistische Luft zu schnuppern. Das muss dann eben für dieses Jahr genügen.“ Und für die Skeptiker schiebt er dann noch nach: „Die Idee, so den Karneval in die gute Stube zu bringen, ist super!“

Eines jedenfalls steht für Peter Göckeritz, Corona hin oder her, fest: Er will sich auch in den kommenden Monaten trotzdem den Spaß an der Freud nicht verderben lassen. Als er 60 Jahre wurde, hängte der gebürtige Thüringer seinen Job als Zentraleinkäufer im Lebensmittelhandel aus freien Stücken an den Nagel; endlich hatte er Zeit für seine närrische Passion. Seit 2006 ist der gelernte Kaufmann nunmehr in der Willy-Ostermann-Gesellschaft aktiv: „Denn für mich ist dieser Künstler, derjenige den ich am meisten mit Karneval und gleichzeitig mit dem Brauchtum verbinde. Er weckt in mir ganz besonders das Gefühl der Kölner Leichtigkeit“.

Immerhin: In fast dreißig Jahren schrieb Ostermann mehr als 100 Titel; viele davon wurden richtige Evergreens, die heute noch auch über die Grenzen Kölns hinaus bekannt sind. Sein „Heimweh nach Köln“ wurde zur „Hymne“ der Willi-Ostermann-Gesellschaft. „Das ist auch mein Lieblingslied. Und wenn dies regelmäßig am Ende aller unserer Veranstaltungen gesungen wird, dann haben viele Tränen in den Augen“, bekennt Peter Göckeritz freimütig.

Deswegen engagiert er sich ganz besonders dafür, das Liedgut dieses Heimatdichters, Sängers, Texters und Komponisten auch bei den jungen Karnevalisten wach zu halten. Dies begründet er so: „Sein Optimismus, der gerade durch die kölsche Sproch geprägt wird, hat den Menschen immer wieder Aufschwung gegeben und tut es auch heute noch.“ So entstand die Idee für den „Ostermann Liedpreis“. Er erzählt: „Das war mein Ding, mein größtes Projekt. Wir haben alle weiterführenden Kölner Schulen besucht und versucht, die verantwortliche Lehrerschaft zu begeistern, die alten Evergreens mit neuer Interpretation und eigener Kreativität zusammen mit ihren Schülerinnen und Schülern wieder auf die Bühne zu bringen.“ 84 weiterführende Schulen sowie Karnevalsgruppen beteiligten sich letztes Jahr an der Ausschreibung. Das Projekt wurde ein Erfolg. Selbst der Kölner Rapper Mo-Torres unterstützt es, ebenso wie das Kölner Festkomitee.

Peter Göckeritz kann viel erzählen über die großen und kleinen Geschehnisse rund um das jecke Kölner Volksfest, das er aus nächster Nähe miterlebt hat. Nicht zuletzt auch als Mitglied im Elferrat seiner Gesellschaft. Und was war sein schönstes Erlebnis? „Vielleicht, als ich erstmals am Rosenmontag auf dem Gesellschaftswagen mitfahren durfte.“ Doch dann korrigiert er sich mit einem verschmitztem Lachen: „Noch schöner war es im Elferrat, als mir unerwartet ein echtes Funkemariechen „zum bütze“ hochgereicht wurde.“ Mehr als 200 Orden bewahrt er heute in seinem schmucken Hochkirchener Eigenheim auf, wo er seit 1978 zuhause ist. Und welche Ehrung ist die wichtigste davon? Er zeigt auf den Wohnzimmertisch. Da steht die silbrig glänzende Willy-Ostermann-Statuette, die er als erster bekommen hat in Anerkennung seiner Verdienste um die ehrenwerte Frackgesellschaft mit ihren 220 Mitgliedern. „Der Senat ist das Herzblut der Gesellschaft. Er muss die positiven Impulse schaffen!“, beschreibt er sein weit gestecktes Aufgabenprofil als langjähriger Senatspräsident. 

Doch der Karnevalsaktivist ist niemand, der nur verklärt zurückblickt. Im Gegenteil: Der Fastelovend-Veteran verteidigt vehement die heutige, von manchen arg kritisierte Karnevals-Szene: „Wenn manche sagen, früher war der Karneval schöner, ist das Quatsch. So viel hat sich irgendwie gar nicht verändert. Es liegt viel eher im Auge des Betrachters und Alters, wie ich Karneval wahrnehme und feiere. Alles hat seine Zeit!“ Das ist seine Devise. Oder auch: „Die Gedanken sind frei!“ Was er sich für die Zukunft wünscht? „Unser Karneval lebt vor allem aus dem Leben im Veedel. Das müssen wir pflegen. Und die Schulen, die mitmachen, sind wichtig!“ Aber er hat auch eine große Sorge: „Wenn es immer weniger Kneipen gibt und kaum noch geeignete Veranstaltungssäle für unsere Vereine, dann wird das mit dem Gemeinschaftserlebnis Karneval schwierig!“

Dennoch denkt Peter Göckeritz nicht ans Aufhören: „Ich bleibe in der Willy-Ostermann-Gesellschaft aktiv bis zu meinem Ende“, lautet sein Treuebekenntnis. Und wenn er dennoch mal Abwechslung braucht, dann bleibt ihm ja der Golfsport. Darauf ein dreifaches „Ostermann Alaaf!“. 

Meine Straße: Adlerstraße

So gesehen von „Gassen-Bürgermeister“ Peter Hüsch

Das waren Zeiten, als durch die Rodenkirchener Hauptstraße maximal alle 15 Minuten ein Auto fuhr und der Asphalt dort eher zum Fußballspielen einlud! Peter Hüsch hat es selbst erlebt. Denn in dieser Ecke ist er groß geworden. Ein wenig nostalgisch blickt der „Gassen-Bürgermeister“ aus der Adlerstraße zurück.

Ja, ich kenne das ganze Gebiet rund um die Adlerstraße noch als riesige Feldlandschaft mit großen Getreidefeldern, die uns Kindern in der Erntezeit zum Beispiel dank der vielen Heuballen ideale Spielmöglichkeiten boten. Rondorf hatte damals und noch bis in die 80iger Jahre hinein um die 2.000 Einwohner und gehörte noch zur Gemeinde Rodenkirchen. Ich erinnere mich noch lebhaft an die Debatten, als wir im Januar 1975 durch eine lange umkämpfte „Eingemeindung“ Kölner wurden. 

Unvorstellbar, dass damals durch die Rodenkirchener-Straße maximal alle 15 Minuten mal ein Auto fuhr. Heute sind selbst Parkplätze gerade an dieser Durchgangsstraße rar, und bei dem heutigen Verkehr braucht man mitunter schon ein bisschen Glück, um schnell und unfallfrei auf die andere Straßenseite zu gelangen. Unser einziger Dorffriseur war „in der guten alten Zeit „Caspars Gries“. Bei ihm gingen die Uhren damals noch anders. Nur ein Beispiel: Herr Caspar hatte bei meinem Bruder eines Tages mit dem Haareschneiden begonnen und meinte nach wenigen Minuten, er komme gleich zurück. Nach fast einer halben Stunde stillen Wartens begab sich mein Bruder teils beunruhigt, teils neugierig auf die Suche und fand Herrn Caspar schließlich schlafend in seinem Wohnbereich. Nach einem kurzen Anstoß wurde dann das Haareschneiden erfolgreich fortgesetzt.

Ich selbst pilgerte in meiner Freizeit gern zur Kapellenstraße, wo direkt neben einem Bestatter meine Lieblingskneipe war, die Gaststätte „bei Ludwig“. Dort veranstaltete ich mit einigen Freunden am Wochenende Diskothekenabende als Tanzveranstaltung. Vorbei. Diese und viele andere Stamm- kneipen gibt es heute nicht mehr. Inzwischen hat sich das gesamte Ortsbild völlig verändert. Es gibt auch kein Kino mehr, wo uns als 16-jährige überraschend der Zutritt zum Film „Die zehn Gebote“ verwehrt wurde. 

Ich selbst bin bis 1980 in Rondorf aufgewachsen. Wesseling, Frechen und das Raderthal waren danach zwar auch schön, aber ich wollte unbedingt zurück. Da entstand in den 90er Jahren das Neubaugebiet „Am Römerhof“ in der Umgebung der Adlerstraße. Ende 1993 sind wir dort eingezogen. Diese Entscheidung stellte sich schon nach kurzer Zeit als absolut richtig heraus. Alle zwölf in unserer gemütlichen Gasse befindlichen Doppelhaushälften wurden von netten Nachbarn erworben und vor allem die Familienstruktur war optimal. Überwiegend handelte es sich um Familien mit Kleinkindern. So wuchsen die Kinder gemeinsam in dem als Spielstraße ausgewiesenen Weg auf. Darüber kam man sich als Nachbar natürlich auch schnell nah.

Gerne erinnern wir uns an die infolge der weiteren Bautätigkeit aufgeschütteten von uns so bezeichneten „Matschberge“ gleich hinter den Häusern, wo die Kinder besonders gerne spielten. So hat sich die Nachbarschaft von Anfang an in freundschaftlicher, aber nicht aufdringlicher Weise bis heute weiterhin angenehm entwickelt. In vielem stimmten wir, Zufall oder nicht, mehr oder weniger überein: Zum Beispiel im Hinblick auf die gleiche Umzäunung der Gärten oder die Entscheidung, die Gartengrundstücke am Ende des Weges nicht durch Zäune zu trennen. Dann wurden regelmäßige Gassenfeste organisiert. Im Rahmen dessen wurde mir dann irgendwann der Titel „Bürgermeister unserer Gasse“ verliehen. Und so kümmere ich mich bei Bedarf seitdem um das ein oder andere Alltagsproblem wie Terminabstimmungen oder bis heute die jährliche Koordination für die Wartungstermine mit der Heizungsfirma. Auch wurden so über Jahre jährliche gemeinsame Wasserskitermine in Langenfeld verabredet. Nach erfolgreich durchgestandenen, bisweilen auch durch Stürze abgebrochenen Runden, wurde anschließend gegrillt und ein paar Kölsch getrunken.

Dass dieser Zusammenhalt keine Eintagsfliege war, zeigt auch der Umstand, dass mit weggezogenen Eigentümern teils noch gute freundschaftliche Kontakte bestehen und die mittlerweile erwachsenen Kinder, die ausgezogen sind, dennoch unverändert und trotz teils großer Entfernungen guten Kontakt untereinander halten, und zudem der überwiegende Teil der „Alteigentümer“ noch bis heute hier wohnen. Aber auch mit den „neuen“ Eigentümern besteht ein ausgesprochen gutes nachbarschaft-liches Verhältnis; dabei sind wir auch internationaler geworden und es gibt erfreulicherweise bereits wieder zwei Kleinkinder. Nachdem wir unseren geliebten Hund „Zocker“ bereits vor Jahren nach 15 Jahren Familienzugehörigkeit leider einschläfern lassen mussten, gibt es nun auch wieder einen Hund in der Gasse. Die Adlerstraße lebt eigentlich so, wie es im Lied der Bläck Fööss „Unser Stammbaum“ beschrieben wird! Das Alter der Bewohner in unserer Gasse bewegt sich so zwischen zwei und 83 Jahren. Nicht nachteilig ist zudem, dass wir bei unserer Altersentwicklung mit Jutta eine engagierte Ärztin in unserer Gasse in unmittelbarer Nähe haben.

Die angenehme Wohnsituation begründet sich neben der guten Nachbarschaft auch mit der ruhigen Lage als verkehrsberuhigte Stichstraße teils mit unmittelbarer Anbindung an den dahinter liegenden schönen großen Park inklusive des nahen Schrebergartens, der vereinzelt auch von Bewohnern unserer Straße genutzt wird. Die Grundstücke sind alle sehr gepflegt, wobei ich persönlich etwas neidisch auf den hier und da äußerst toll gepflegten Rasen bin. 

Mit den Jahren ist auch die Adlerstraße, die ja von der einzigen Ampel in Rondorf/Hochkirchen abgeht, immer weiter gewachsen. Ich denke an den Kindergarten sowie die Grundschule, die auch von unseren Kinder besucht wurde. So haben sich über unsere Gasse hinaus viele gute Kontakte in die gesamte Adlerstraße entwickelt. Möge der Adlerblick darüber wachen, dass dies so bleibt. Ich jedenfalls sehe die Zukunft meiner Lieblingsstraße positiv und mit Optimismus.

Einer von uns: Sead Licina

„Unser Veedel braucht bessere Pflegeangebote!“

Morgens um sechs hat er meist schon seinen ersten Einsatz. Denn die ambulante Pflege von Patienten fragt nicht nach der Uhr. „Menschlichkeit erleben“ ist für Sead Licina Alltag. So hat der Hochkirchener mit „Virtus“ einen der erfolgreichsten Pflegedienste in der Kölner Region aufgebaut. Er gilt als Pionier einer Gesundheitsbranche im Umbruch. Jetzt macht er sich vor allem Gedanken über bessere Betreuungsangebote für die wachsende Zahl der Senioren in unserem Veedel.

Sein Vater lag im Krankenhaus. Bei den regelmäßigen Besuchen lernte Sohn Sead das pflegerische Personal dort kennen, kam mit den Mitarbeitern ins Gespräch; mehr und mehr faszinierten ihn deren wertvolle Leistungen in der Betreuung der Patienten. Für Fragen rund um die Gesundheit hatte sich der kräftige junge Mann, mehrfacher Deutscher Meister in Taekwondo, eigentlich schon immer interessiert. Deshalb wollte er nach seinem Abitur Medizin studieren und die Wartezeit bis dahin mit einer Ausbildung zum Krankenpfleger sinnvoll nutzen. „Durch die Aufenthalte in der Klinik spürte ich dann immer mehr mein Talent, gerade mit kranken oder gebrechlichen Menschen gut umgehen zu können“, schildert er seine Motivation.

So gründete Sead Licina mit 23 Jahren seinen ersten eigenen Pflegedienst in Arnsberg mit sechs Standorten und sechs Sanitätshäusern im Hochsauerlandkreis. Das Unternehmen wuchs rasant an, es wurde eines der gefragtesten Pflegeunternehmen in der Region. Der Gesundheitsmanager sammelte danach weitere Erfahrungen in der freien Wirtschaft; als Berater war er u.a. verantwortlich für ein Unternehmen mit mehr als 1600 Mitarbeitern und 250 Führungskräften an 34 Standorten bundesweit.

Dann kam wieder eine Wende in seinem Leben: Als seine Frau Zwillinge bekam, wollte er privat mehr Zeit haben und trat beruflich kürzer. Doch seine Profession holte ihn bald wieder ein. Mit zwei Partnern gründete er im September 2012 die „Virtus Pflegedienste“; so fasste der Mann aus dem Sauerland beruflich wie privat in Hochkirchen Fuß. Tag für Tag koordiniert er seitdem von der Rodenkirchener Straße 79 aus mehr als 150 Einsätze: Gestaltung des Pflegealltags, Wohnumfeldberatungen, Pflege in all ihren individuellen Bedürfnissen von der medizinischen und pflegerischen bis zur postoperativen Nachsorge. Das komplette Programm. 

Das Telefon steht kaum still. Der Notdienst läuft 24 Stunden rund um die Uhr. Doch Sead Licina empfindet jedes Mal aufs Neue eine große innere Befriedigung, wenn er irgendwo professionell helfen kann. Am meisten erfüllt ihn die gemeinsame Zeit vor Ort mit seinen Patienten. „Wenn ich nach einem Besuch aus dem Zimmer herauskomme und sehe, dass ich etwas Gutes erreicht habe, macht mich das glücklich“, sagt er bescheiden, aber dankbar.

Man spürt, die Aufgabe liegt ihm. „Oftmals ist es nur der stumme Blick des Gegenübers, der mir klar sagt, was er möchte“, berichtet er von seinen Erfahrungen als Geschäftsführender Pflegedienstleiter. Die letzten Monate waren besonders hart. „Die Herausforderungen durch Corona haben mein gesamtes Team schon sehr belastet“, gibt er zu. „Aber wir hatten in der ganzen Zeit nicht einen einzigen Infektionsfall“. Aufgrund der hohen Anzahl der Einsätze ist das keine Selbstverständlichkeit, betont er. Denn sein Anspruch ist nicht weniger als „eine selbstbestimmte und persönliche Lebensführung unserer Patienten, ihre Teilnahme am Gemeinschaftsleben wo immer möglich“. Er kooperiert mit Ärzten, Therapeuten, Krankenhäusern in der gesamten Region zur Steigerung von Lebensqualität und Wohlbefinden der Pflegebedürftigen. Heute gehören 45 Mitarbeitern an zahlreichen Standorten in Köln und dem Umland zu dem „Virtus“-Team.

Doch längst denkt der heute 45jährige über den Alltag hinaus. Aktiv arbeitet er daran mit, das Berufsbild der pflegerischen Berufe attraktiver zu machen und auf die Zukunft auszurichten. Hierüber hat er mehrere Fachartikel geschrieben. Er ist als Experte in zahlreichen Gremien der Gesundheitspolitik ein gefragter Gesprächspartner. Dann der nächste große Schritt: 2016 gründete Sead Licina mit der „VS Virtuals Akademie GmbH“ sogar eine eigene Weiterbildungsakademie, die in Deutschland ebenso einzigartig wie international vorbildlich ist: Sie bildet Pflegeberufe mit modernen digitalen Lehrmethoden weiter auf der Grundlage neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse aus internationalen Spitzenuniversitäten. Hier gibt es nicht nur Kurse, sondern auch eine vollumfängliche dreijährige Ausbildung bis zum Abschluss. Unter Einbezug der eigens programmierten Lernsoftware ist es den Teilnehmern möglich, die Lernzeit individuell zu gestalten. Er schmunzelt: „Alle reden in Corona Zeiten von digitalem Lernen. E-Learning Plattformen sind aktuell gefragt wie nie zuvor. Viele versuchen nun, digitalen Unterricht aus dem Boden zu stampfen. Aber wir haben damit als erste angefangen und haben deshalb auch die meiste Erfahrung!“ Seine Partner sind Kliniken, Altenpflegeheime oder ambulante Dienste.

Und was ist seine Ambition dabei? „Wir wollen die Pflegeberufe für junge Menschen attraktiver und interessanter machen“, wirbt er. „Die älter werdende Gesellschaft verlangt neue Antworten. Wir möchten, dass jeder unserer Mitarbeiter oder Kursteilnehmer aus ganz Deutschland sein volles Potential entfalten kann“. Deshalb wird das Spektrum der beruflichen Aufgaben immer breiter: „Es reicht vom Gesundheits- und Krankenpflegeassistenten oder der Assistentinnen über den Alltagsbegleiter oder die Mediatorin bis zum Datenschutzbeauftragten mit dem Schwerpunkt Pflege und den vielfältig spezialisierten examinierten Altenpflegern“, zählt er Beispiele und Trends auf. Dass auch immer mehr junge Männer dieses Berufsfeld für sich entdecken, ist ihm wichtig.

Inzwischen genießt das Lernmodell der VS Virtuals Akademie hohen Zuspruch auf politischen Ebenen. Der diplomierte Pflegewirt aus Hochkirchen begrüßt das neue Denken in der Gesundheitspolitik: „Die anstehenden Reformen im Pflegebereich können eine große Chance sein – wenn wir jetzt die richtigen Schritte auch konsequent gehen!“.

Sead Licina, der sich auch im lokalen Sport in Hochkirchen und Rondorf engagiert, macht sich viele Gedanken. „Warum gibt es in unserem Veedel keine Angebote für die Bedürfnisse unserer Senioren? Unsere Bürger werden immer älter. Aber wo sind Plätze für die Kurzzeitpflege? Warum fehlt ein modernes Seniorenhostel? Wer plant für unser wachsendes Wohngebiet altersgerechte Wohnungen mit den dazu gehörenden pflegerischen Leistungsangeboten?“ In diese Aufgaben möchte der erfahrene Pflegepionier gerne seine Erfahrungen einbringen. Ideen hat er viele. Und offenbar auch die notwendige Energie, das in die Tat umzusetzen. Denn seine Devise gegen den Pflegenotstand heißt: „Menschlichkeit erleben!“ Mehr Infosinfo@virtus-pflegedienste.de. Tel. 02233/ 605 1914

Meine Straße: Im Rabengrund

Randlage? Ganze 6,1 Kilometer sind es vom Rabengrund bis zur Stadtmitte. Kein Problem, sagt Walter Wortmann. Er muss es wissen. Denn der Unternehmensberater wurde gerade erneut in den Rat der Stadt Köln gewählt, ist also viel im Zentrum unterwegs. Doch zuhause ist er in Hochkirchen, im – wie er sagt – steilsten Straßenstück einer Wohnstraße im Kölner Stadtgebiet. Wie lebt es sich da? Und was vermisst er?

Hochkirchen und der Rabengrund sind meine Heimat; hier hat meine Frau Lisa ihre familiären Wurzeln. Und unsere drei Töchter – mittlerweile alle auf den Kölner Süden verteilt – sind hier aufgewachsen; Kita und Grundschulbesuche inklusive. Würde man mich über ein unverwechselbares Merkmal dieser eher typischen, etwas verschlafen wirkenden Wohnstraße befragen, dann wäre es spontan die Topografie mit dem wahrscheinlich steilsten Straßenstück einer Wohnstraße im Kölner Stadtgebiet. 

Wohltuend ist die bis auf wenige Ausnahmen gewachsene, unveränderbare Bebauung mit Ein- und moderat höhenbebauten Mehrfamilienhäusern, was die Optik der engen Straßenführung ausmacht. Ebenso typisch sind die hinter den Häusern liegenden, großen Wiesengrundstücke, wo sich eher versteckt das Familienleben abspielt. Der geschätzte doppelte Kfz-Besitz pro Familie beschert dem Rabengrund einen engen Straßenverlauf. Hier zeigen sich besonders die Fahrkünste der AWB-Fahr-zeuge während der Straßenreinigung und Müllabfuhren. 

Die Fluktuation der letzten Jahre war und ist bezogen auf die Kürze des Straßenzugs eher hoch. Es mag sein, dass das dem Durchschnitt solcher Wohnstraßen in Köln entspricht, aber kognitiv fällt es mir auf. Ich bin wirklich nicht der Typ, tieferes Wissen über die Familien- und Bewohnerverhältnisse meines Wohnumfeldes kennen zu müssen; aber ein Straßenfest wäre bestimmt eine formidable Option zum gegenseitigen Kennenlernen und späteren Anlächeln und Grüßen beim Vorübergehen. Besonders freut mich, dass durch den Zuzug junger Familien Kinder die Straße als Spielgrund beleben.

Neben meiner kommunalpolitischen Arbeit für die Freien Wähler betreue ich als Mitglied der Wirtschaftssenioren NRW ehrenamtlich Unternehmerkonzepte, Krisensituationen sowie von den Jobcentern ausgewählte Unternehmensgründungen. In diesem Zusammenhang wünsche ich mir auch mehr Unterstützung für unsere Mittelständler und Geschäftsleute vor Ort, denn unser Veedel sollte nicht eine reine „Schlafstadt“ werden, sondern ein Wohnquartier, das durch attraktive und vielfältige wirtschaftliche Angebote lebt.

Was ich an „meiner Straße“ sehr schätze: Ein gutes gastronomisches Angebot hat sich in direkter Nachbarschaft des Rabengrunds angesiedelt: Dimi´s griechische Bistroküche gleich gegenüber; Valentino`s Pizzen fast nebenan; aber auch ein guter Döner, – dort wo früher eine Tankstelle war, das passt also – sind sehr zu empfehlen. Trotz meiner Kochleidenschaft lege ich nämlich gerne eine „to-go-Pause“ hier oder da ein. Manchmal freilich bleibe ich dort auch etwas länger hängen.

Was stört mich an der Wohnlage (als Bewohner und Kommunalpolitiker)? Es ist die je nach Windrichtung lautstarke Geräuschkulisse von Autobahn und Flughafen. In Köln scheint Nachtflugverbot eben neu geschrieben zu werden. Und mir will überhaupt nicht einleuchten, weshalb die Autobahnpolizei den lärmenden Nacht- und Sonntagsrasern zwischen Verteiler Süd und Ausfahrt Rondorf nicht nachstellt und diese aus dem Verkehr zieht. Und wenn wir schon beim Verkehr sind, eins will ich entschieden einfordern: Bevor die Bebauung des Neubaugebietes zwischen Weißdornweg und Brühler Landstraße beginnt, muss die Umgehungsstraße fertiggestellt und zugleich ebenso die Umsetzung der versprochenen Verkehrsberuhigung auch für Hochkirchen abgeschlossen sein. Damit wäre auch das Nadelöhr für die Linie 132 abgeschafft.

Deshalb will ich mich dafür stark machen, dass der Bau der Verkehrsumgehung absolute Priorität hat und vor Beginn der Baumaßnahmen für Rondorf Nordwest fertiggestellt ist. Kein Stein auf den anderen, bevor nicht das Verkehrsproblem mit einem überzeugenden Konzept gelöst ist! Wie zum Beispiel wird der Kreuzungsbereich Weißdorn Weg und Rodenkirchener Hauptstraße so gestaltet, dass unser Ort vom Durchgangsverkehr befreit wird?

Und wenn ich schon über Infrastrukturmaßnahmen und meine politischen Ziele rede: Dass der sogenannte Quartierplatz gegen den Willen der „Hochdorfer“ nun doch Zentrum des Neubaugebiets Nord-West werden soll, ist eine krasse Fehlentscheidung, ein Geschenk an das Investorenduo Amand/Deutsche Bahn. Der Platz sollte Alt- und Neu-Rondorf verbinden und einen neuen Ortskern entstehen lassen. Was jetzt kommt, steigert ausschließlich Attraktivität und Wert des Neubaugebietes, hängt den bisherigen Ortskern ab. Weitere Knackpunkte sind die schleppende Lösung der ÖPNV-Anbindung und die Ablehnung einer Gesamtschule für Rondorf. Für mich ist Rondorf Nord-West im Sinne der Anwohner-Bedarfe und Willensbildung gescheitert. Aber noch ist kein Spatenstich getan, und nach der Wahl ist vor der Wahl. Ich wünsche mir, dass die Zahl der konstruktiv-kritischen Einwohner deutlich schneller zunimmt. Statistikfans finden mehr über den Rabengrund unterhttps://onlinestreet.de/strassen/Im+Rabengrund.K%C3%B6ln.114316.html

MEINE STRASSE: Am Rodderpfädchen

So gesehen von Markus Schöneberger

Kennen Sie Howard Carpendale? Wegen ihm geriet Markus Schöneberger ganz zufällig ins Rodderpfädchen. Weil er nämlich nicht so gut singen kann wie der Schmusesänger mit dem „Hello again“-Sound. Und seitdem grübelt er unablässig darüber, was dieser ungewöhnliche Straßenname wohl bedeuten soll.

Hamburg ist schön, sogar sehr schön. Gibt es also einen Grund, von dort freiwillig wegzugehen? Natürlich nein. Bei mir war es jedoch so: Das Telefon klingelte und ich wurde mit der Frage konfrontiert, ob ich wenigstens für ein paar Jahre in Köln beim Aufbau eines neuen Fernsehsenders, der damals noch RTL plus hieß, mithelfen könne? Hmmm. Von der eleganten Elbe an den mir noch ziemlich unbekannten Rhein umziehen? Doch es sollte so sein. Und deshalb brauchte ich so schnell wie möglich eine passende Wohnung für meine junge vierköpfige Familie. Aber in Köln wollte uns niemand. Keine Wohnung für Fischköppe, hieß es überall, wo ich auch anklopfte. Mehrere Makler setzte ich in Marsch. Der eine bot mir ein „rustikales Haus im bäuerlichen Landhausstil“ an, das sich bei der Ortsbesichtigung allerdings als verlassene Hofruine entpuppte. Beim nächsten Objekt flüsterte mir eine Nachbarin aufgeregt zu, ich sollte im Falle eines Einzugs unbedingt auch an Gummistiefel denken wegen der nahen Rheinlage, Hochwasser und so. Vielen Dank! Dann wurde mein Blick auf ein „Architektenhaus“ gelenkt: Schmal, hoch, fast ganz aus Glas. Dort würde ich bestimmt rund um die Uhr sehr gut unter Beobachtung stehen – transparent von allen Seiten. Aber so viel Aufmerksamkeit scheute ich dann doch. Es folgte ein Objekt in „Stadtrandlage“, leider erwies sich diese als Eifelvorort. Weitere Hochglanzprospekte verdienten nicht einmal ein mattes Lächeln. Wochen vergingen so ins Land…

Doch dann ein verheißungsvoller Treffer: Der inzwischen vierte Makler stellte mir „etwas ganz Besonderes“ in Aussicht, „etwas, was absolut zu Ihnen passt, da Sie ja mit Fernsehen zu tun haben“. Als wir das Haus ganz in der Nähe des Senders über ein paar Stufen betraten, strahlte er mich an: „Hier hat bis jetzt Howard Carpendale gewohnt“. Hätte ich ahnen können, denn der Eingangsbereich war an allen Wänden von oben bis unten inklusive Boden und Decke voller großflächiger Spiegel. Hinter dem einen ging es ins Bad, der zweite öffnete sich diskret zum Wohnraum, der dritte versteckte die Treppe nach oben. Der Makler meinte, das sei doch so etwas wie ein Treffer im Lotto. Ich musste allerdings bescheiden zu bedenken geben: „Ich kann gar nicht singen – und benötige deshalb auch keinen eigenen Showroom zum Einüben diverser Hits und Konzertauftritte.“ Als der freundliche Herr gar nicht lockerlassen wollte, raunte ich noch, meine Frau habe zudem eine hartnäckige Allergie gegen Spiegelputzen. Kurz und gut: Deshalb platzte auch dieses Traumhaus. 

Stattdessen pendelte ich viele Monate jedes Wochenende in den hohen Norden. Gute Nachrichten von der rheinischen Immobilienfront hatte ich keine im Gepäck, dafür aber viel schmutzige Wäsche. Bis das Glück mir doch noch zulächelte: Fünf junge Damen hätten da etwas ganz in der Nähe des berühmten Grüngürtels, den Konrad Adenauer einst bauen ließ. Das klang gut: Konrad Adenauer statt Howard Carpendale. Allerdings: Ich müsste ganz schnell zugreifen. Der Makler nuschelte den Straßennamen ins Telefon, aber leider in ziemlich unverständlichem rheinischem Dialekt. Ich hatte wohl einen Hörfehler. Und verstand nur etwa: „Hottepferdchen“ – „Wie? Was? Was für ein Pferdchen soll das sein?“ Doch eine Entscheidung musste dringend her – und schon drei Tage später saß ich deshalb in Köln beim Notar den erwartungsfrohen Damen gegenüber. Während der Notar die Beschaffenheiten der Lage „Am Rodderpfädchen“ in allen Details herunterbetete, schielte ich diskret zu ihnen herüber: Ob die auch alle dort wohnen werden? Gelangweilt fing ich an, auf meinem Notizblock zu dichten: 

„Warum wohl wohnen die schönsten Mädchen

von ganz Köln im Rodderpfädchen?“

(Den weiteren Teil erspare ich mir hier, das tut nämlich nichts zu Sache!).

Kurz danach bin ich also in diesem gepflegten, familienfreundlichen Rodderpfädchen gelandet – wenn dort nur nicht so viele vergessliche Hunde(besitzer) unterwegs wären! Den Ursprung des Straßennamens aber konnte mir bis heute keiner überzeugend erklären. „Roden“ oder „Rottern“ steckt da wohl darin, also die Beseitigung von Feldwurzeln und altem Gehölz durch Bauern. Davon gab es in jener Gegend wohl einmal etliche. Und auch der nahe „Großrotter Hof“ erinnert an diese einstigen Ursprünge. 

Später lernte ich, dass die älteren Rondorfer die Gegend noch bis heute am liebsten meiden. Denn irgendwo hier lag auch der berüchtigte „Jaleschberg“: Als Ausdruck der Gerichtsbarkeit befand sich in früherer Zeit oberhalb unserer friedlichen Straße ein durchaus gefürchteter Galgen. Der Galgen des Hochgerichts war eine gemauerte kreisförmige Erhöhung, auf der zwei Pfeiler den tödlichen Querbalken trugen. Zum Glück wird diese Richtstätte heute – soviel ich weiß – nicht mehr für den finalen Justizvollzug genutzt. Aber die älteren Nachbarn nennen jene Anhöhe heute noch respektvoll „Jaleschberg“. 

Egal. Den fünf wunderbaren Damen war ich jedenfalls damals von Herzen dankbar – und ebenso Konrad Adenauer, immer wenn mich später im nahen Grüngürtel meine leuchtend gelben Laufschuhe durch Wiesen, Felder, Wald trugen. Sitze ich im Garten, zieht bei schönem Wetter zuverlässig aus irgendeiner Ecke des Rodderpfädchens der verführerische Geruch von Bratwurst oder Grillfleisch herüber, mitunter wird auch fröhlich musiziert. Dann summe ich leise mit. Manchmal auch „Hello again“. Doch Medienleute sind wie fahrendes Volk. Nirgendwo richtig zuhause. Ihre Reise führt immer weiter. Und manchmal vermisse ich in der rheinischen Tiefebene doch arg den frischen Wind des Nordens. Dann spüre ich tief in mir: Hamburg, Hello again. 

Einer von uns: Guido M. Schmitt

Der Duft der großen weiten Welt. 

Sie möchten Ihre ganz persönliche und unverwechselbare Duftnote kreieren? Guido M. Schmitt, der kreative Kopf der renommierten Kölner ars Parfum-Manufaktur, verwirklicht diesen Traum. Der SÜDBLICK hat ihn in seinem eleganten neuen Studio in Rondorf besucht. Die liebevoll restaurierte Anlage in einem ehemaligen Bauernhof soll künftig auch als inspirierende Begegnungsstätte für Parfum- und Beautyfreunde sowie Kulturinteressierte dienen.  

Hinter dem Haus duftet es auf kleinen Beeten verführerisch nach Lavendel, Rosmarin, Rosa Centifolia und englischen Duftrosen, den Blüten der Osmanthus; Thymian neben Blaubeeren, dazwischen auch ein Mandelbaum. Hier beginnt die Welt des Mannes, der sich selbst ein „Unikat“ nennt. Guido M. Schmitt entstammt zwar einer weitverzweigten hundert Jahre alten Kölner Parfumfamilie, die schon in der dritten Generation für ihre vielfältigen Mixturen aus wohlriechenden Essenzen und Aromen berühmt ist. „Aber“, so klärt uns der 59jährige gleich darauf, „ich bin kein gelernter Parfumeur im klassischen Sinne; ich bin eher ein innovativer Erfinder, der die Strahlkraft der Parfumwelt immer wieder neu entfalten möchte!“ Also ein Parfum-Pionier, immer auf der Suche nach Inspiration und Innovation. „Das kreative Schnellboot der Parfumbranche“ nennt er sich selbst nicht ohne Stolz.        Und setzt dann noch eines drauf: „Düfte sind meine Leidenschaft – meine ganz individuelle DNA“. 

Mit seiner feinen Nase hat er es weit gebracht. Seine Produkte stehen längst in den vorderen Regalen fast aller großen Drogerie- und Parfumunternehmen. Als etwa die populäre Influencerin Shirin David am Valentinstag 2017 ihre Follower einlud, gemeinsam eine neue Duftnote mit ihr online über einen Persönlichkeitstest zu entwickeln, kreierten Hunderttausende Fans dieses erste Shirin David Parfum. Fast 70.000 der begehrten Fläschchen gingen schon in den ersten Tagen bei dm über die Ladentische. Eine Weltsensation war entstanden, der – online kreierte – damals bestverkaufte Damen-duft. Und einer weiteren jungen Influencerin, Sängerin und Schauspielerin Julia Beautx kreierte er passend zu ihren Songs „Love“ und „Dance“ ihre eigene Parfummarke. Hier entschieden online sogar 5,5 Millionen Stimmen, welcher Duft bei den Rossmann Drogerien gelauncht wird. Der Siegersong auf Youtube, Tiktok, u.a. von Julia Beautx „Love“ erhielt 2.8 Mio. Stimmen. 

Für die Fußballweltmeisterschaften 2006 FIFA World Cup und 2014 FIFA World Cup lieferte Guido M. Schmitt als exklusiver Lizenznehmer der FIFA die originalen WM-Parfums. Das Sommermärchen 2006 beduftete er damals exklusiv in Deutschland mit Douglas. Aber es sollte noch besser kommen: „Mit meinem orientalisch-würzigen Herrenwasser 2014 FIFA World Cup wurde die deutsche Elf in Brasilien Weltmeister!“ freut er sich noch heute über seinen Coup. So haben immer neue Eigenkreationen, weltweit erfolgreiche Lifestyle- und exklusive Marken-Düfte für Handel, Mode, Sport und Fashion den Rondorfer und seine international vernetzte Manufaktur berühmt gemacht. In wenigen Wochen wird eine weitere große Premiere gefeiert: Im Oktober startet eine völlig neuartige Damen- und Herrenlinie im Handel in Zusammenarbeit mit dem Modeschöpfer Wolfgang Joop unter dem Label LOOKS by Wolfgang Joop.         

Die Fantasie des gebürtigen Kölners kennt schier keine Grenzen. In den berühmtesten Traditionshäusern der Welt hat der Duftcréateur von der Pike auf 30 Jahre lang Erfahrungen sammeln können. Heute dirigiert er ein kompetentes und engagiertes Team, das gemeinsam die Leidenschaft für Parfums und Beauty täglich lebt. Das elegant ausgerüstete Parfumlab mit Beautylounge hält Hunderte von Duftstoffen vor, die das gesamte Spektrum der Duftstoffe und Aromen und Essenzen abbilden. Darunter befinden sich Rose oder Meeresbrise, aber auch Gurke, Schokolade, Fichte, Leder und Weihrauch. „Da lassen sich mühelos mehr als 20 Millionen neuartige Kreationen und Mischungen herstellen. Jeden Tag entdeckt unsere Parfumeurin hier etwas Neues“, begeistert sich der Meister der edlen Gerüche bei einem Rundgang durch sein Ambiente. „Bei jungen Menschen sind zumeist fruchtige Düfte mehr im Trend, Ältere stehen mehr auf einer Melange floraler, aromatischer und orientalischer Elemente oder begeistern sich gar für exklusive Nischenkreationen“, hat er beobachtet.

Für seine Privatkunden, Modedesigner, Influencer, Handelspartner arbeiten Parfumeure in New York, Paris, Sao Paolo, Shanghai und München. Aber er selbst ist in Rondorf zuhause und auch hier befindet sich sein eigenes fast 400 Quadratmeter großes Parfum-Atelier. Noch ist nicht alles ganz fertig. An der Lichttechnik wird noch gearbeitet; kleine Details bei Design und Ausstattung sind Schmitt wichtig. Die Arbeitsatmosphäre muss stimmen. Und weil er hier gerade an seinem wohl größten Traum arbeitet, wird auch der bisherige Firmenname „ars Parfum Manufaktur“, unter dem er sich 1996 selbständig gemacht hat, demnächst einem neuen Markenbegriff weichen. Dann wird aus dem schmucken gläsernen Atelier die „Parfumlovers Cologne“.

Ab Frühjahr kommenden Jahres soll hier nämlich in großem Stil das ganz und gar individuelle Parfum für jeden kreiert werden. Denn der gewiefte Marktkenner hat erkannt: Die Kunden von heute sind mit der Inflation neuer Parfums und der Suche nach dem für sie perfekten Duft überfordert. Sie suchen nach Individualität und sind oft überfordert mit dem Angebot in Drogerien oder Parfümerien, wenn sie sich selbst oder ihrer Freundin eine Freude machen wollen. Doch Dutzende von Aromen, hier ein Flakon, da ein Spray, dort ein dezenter Tupfer auf die Hand, lassen sie rasch ratlos werden; denn ihr Gehirn macht schon nach der konzentrierten Aufnahme von wenigen Gerüchen schlapp. Und dann? Dann geht man oftmals ohne wirklich überzeugendes Ergebnis wieder aus dem Laden. Enttäuscht oder verunsichert. 

Das will Guido M. Schmitt jetzt gründlich ändern. Die Suche nach der persönlichen Duftnote soll die Liebhaber des Besonderen künftig statt in irgendeine Boutique in seinen leicht versteckten, aber romantischen und stilvollen Altbau im Kölner Süden locken. Hier in Rondorf residiert er seit letztem Dezember als eine der äußerst rar gewordenen individuellen Spürnasen der Branche; denn es gibt gegenüber all den internationalen industriellen Herstellern nur noch sehr wenige handwerkliche Produzenten, die es verstehen, das Parfum mit der jeweils höchst persönlichen Note zu komponieren.

Und genau diese revolutionäre Idee soll ab dem kommenden Jahr neue Wirklichkeit werden – unterstützt von fleißigen Algorithmen. Die Testphase für das neue „Scentist 2.0“ startet im Herbst. Doch auch schon jetzt mischt der erfahrene Kreateur exklusiv aus Duftstoffen, Aromen und ätherischen Ölen jeweils eine ganz individuelle Rarität für eben all jene Parfumliebhaber von Hand ab, die schon immer ihre ganz eigene wow- Komposition genießen wollten. Egal ob eine sinnliche Damennote, ein erfrischender Herrenstil oder eine flexible Unisex-Mischung – bei Guido M. Schmitt soll jeder ganz seiner wohlriechenden Leidenschaft frönen können. Das ist seine Vision: „Düfte sind ein wahres Elixier für die Sinne. Sie können berauschen, Stimmungen und Gefühle freisetzen. Sie geben der persönlichen Aura ihre unverwechselbare Note! Und das wird bei uns bald Wirklichkeit“ lautet seine nächste große Ambition. Für diesen Schritt weg von der netten, aber beliebigen Massenherstellung hin zu einem Produkt, das ganz dem eigenen Stil des Kunden Rechnung trägt, hat er bereits eine hochtalentierte Mitarbeiterin aus Persien angeworben, die sich in der Welt der Aromen ebenso souverän auskennt wie mit künstlicher Intelligenz (KI). Denn um die Kombination von beidem geht es.  

Seit fünf Jahren arbeitet Guido M. Schmitt in mühevoller Detailarbeit an seiner Idee einer Duftmarke, die perfekt auf die persönlichen Vorlieben seiner Klientel abgestimmt ist.  Wie diese Parfuminnovation möglich ist? Nur so viel sei hier verraten: Ein feinsinnig ausgetüftelter Fragebogen in der Form eines speziell entwickelten, bilderbasierten Persönlichkeitstests hilft dem Kunden, sich selbst genauer kennenzulernen, seine geheimen Wünsche herauszufiltern.  Das Ziel ist nichts weniger als ein Premiumprodukt aus langjährigem Parfumeurshandwerk und modernster Computertechnologie – „abgestimmt auf Kunden, die ihren ganz eigenen und unverwechselbaren Stil verwirklichen möchten“. Fachleute zeigen sich jetzt schon begeistert von dieser Revolution. Der Herr der tausend Düfte weiß aber auch: „Der persönliche Duft ist kein Wunschkonzert. Entscheidend ist, wer ich bin. Parfum und Mensch müssen in den charakteristischen Merkmalen zusammenpassen. Wenn es gelingt, heimliche Vorlieben und Sehnsüchte harmonisch zu verbinden, das gesamte Wesen zu berücksichtigen, gelingt tatsächlich eine ganz exklusive Eleganz“. 

Diese besorgt dann das parfumistische Mastermind „THE SCENTIST“ (www.thescentist.com) und die hinterlegten Algorithmen. Denn aus den Bildantworten komponiert das System eine gekonnte Mischung aus Akkorden, Duftölen, Aromen mit dem berühmten „I-Tüpfelchen“. Das einzigartige Duftgemisch wird dann noch von der Parfumeurin geprüft und dann endlich ist auch der Chef der „Parfumlovers“ zufrieden. „Denn es sind die kleinen Geheimnisse, die die Aura einer Persönlichkeit ausmachen!“ lacht er. So entstehen in der Rondorfer Manufaktur hochwertige Parfums aus vielfältigen Duftstoffen und reinen Naturextrakten, die mit hundert Prozent veganer Fertigung überzeugen – stilvoll und ästhetisch verpackt in einem eleganten Flakon, mit Etikett, individuellem Code und Zertifikat in einer hochwertigen Metallbox. 

Doch die Räumlichkeiten im Kölner Süden sollen künftig noch mehr bieten:  Workshops zum Beispiel für Parfuminteressierte, die bei der Kreation selbst mitwirken wollen. Exklusive Parfumseminare und Events. Gepflegte Begegnungen für ausgesuchte Weine, Rum-, Gin- oder Whisky-Tastings. Aber auch bieten die Räume Platz für Kunst in der Galerie und besondere Treffen im Freundes- und Bekanntenkreis – die Rondorfer Parfum-Manufaktur „Parfumlovers Cologne“ als Ort der puren sinnlichen Freude für Genießer.     

Guido M. Schmitt also der perfekt dufte Typ? Nein, dieser Joke wäre zu banal. Er ist viel eher einer der letzten Magier, die es verstehen, den Duft der großen weiten Welt immer wieder neu in die Flasche zu zaubern. Für jede und jeden nach persönlichem Geschmack. Willkommen also in der wunderbaren Welt der Düfte und Kosmetikprodukte von Rondorf!

Mehr Infos:  www.parfum-lovers.com

Meine Straße: Hans Berge-Straße

Erlebt von Peter Heinzlmeier

Als ehrenamtlicher Kommunalpolitiker schaut Peter Heinzlmeier besonders aufmerksam auf unser örtliches Straßenbild: Was fehlt und wird gebraucht? Was entwickelt sich neu? Sein privates Zuhause hat er in der Hans-Berge-Straße gefunden. Deren Namensgeber, ein früher, aber modern denkender Kölner Stadtplaner, inspiriert ihn durchaus. 

Mir gefallen Straßenentwicklungen, bei denen es gelingt, die notwendigen Bauaktivitäten so ansprechend zu gestalten, dass sie gleichzeitig, so weit als möglich, ein Wohnen im Grünen zulassen und damit Lebensqualität im Alltag schaffen. Ich glaube, unsere Straße ist dafür ein durchaus gelungenes Beispiel. Und sie macht damit unserem Namensgeber durchaus Ehre.

Wer aber war Hans Berge, von dem wir heute noch lernen können? Während in vielen anderen Städten nach dem Zweiten Weltkrieg Felder und Waldstücke für städtebauliche Zwecke geopfert wurden, ging Köln in seiner Grünpolitik einen durchaus anderen Weg. Auf den Spuren Konrad Adenauers, dem die Stadt Köln nicht zuletzt den inneren und äußeren Grüngürtel verdankt, entwickelte Hans Berge, der 1955 Kölner Stadtdirektor wurde, als großer Naturfreund und Pflanzenliebhaber seine Ideen. Ihm verdanken wir zum Beispiel ganz in unserer Nähe mit dem Forstbotanischen Garten eine Grünanlage, die seit 1964 den Menschen im Kölner Süden Naherholung in einer einmaligen wald- und parkartigen Landschaft von bemerkenswerter Artenvielfalt bietet und Experten wie botanisch interessierte Gartenfreunde in großer Zahl anlockt.

Hans Berge warb unermüdlich dafür, in der Bauplanung die Grüngestaltung nicht zu vernachlässigen und auch in einer entwickelten Stadtgesellschaft der Natur genügend Freiräume zu belassen. Er bekannte schon 1958: „Alle Möglichkeiten zur Schaffung neuer Wald- und Erholungsgebiete müssen erkannt und ausgenutzt werden, damit wir vor unseren Kindern und kommenden Generationen bestehen können“. 

Hans Berge war also ein vorausschauender Kölner Kommunalpolitiker mit Visionen, der schon ökologisch dachte, als dieses Wort noch kaum jemand kannte. Zugleich ein moderner Stadtplaner, der wusste, wie wichtig es ist, den Ruf nach mehr Wohnraum mit „grünen Konzepten“ zu verbinden. „Er sorgte für großflächige Aufforstungen mit Mischwald, die sich jetzt in den Klimaveränderungen bewähren“, erläuterte kürzlich Dr. Bauer, stellvertretender Leiter des städtischen Grünflächenamtes. „Sogar die sog. „Kölner Mischung“ mit Buche, Ahorn, Linde, Haselnuss und Exoten wie Mammutbaum und Blauglockenbaum geht auf Hans-Berge und seine Person als Vorreiter der heutigen Zeit zurück.“ Kaum ein Thema ist heute auch in unserem wachsenden Wohngebiet aktueller. „Ich jedenfalls freue mich jedes Mal,“ so Peter Heinzlmeier, „wenn ich nach einem intensiven Arbeitstag bzw. einer mehrstündigen Sitzung noch in „meiner“ Straße eine Runde mit dem Rad starten oder einen Lauf in herrlicher Natur zum Forstbotanischen Garten beginnen kann, um in der Umgebung den Termindruck des Alltags ein wenig zu vergessen.“ 

Meine Frau und ich zogen unmittelbar nach Geburt unserer Tochter vor fast genau 20 Jahren von Rösrath nach Rondorf um – in das Haus meiner Schwiegereltern, die sich damals räumlich veränderten. Entscheidende Kriterien waren für uns die Nähe zu unseren Arbeitsstellen, die Lage zum hervorragenden Kindergarten der Evangelischen Kirchengemeinde in der Carl-Jatho-Straße und die fußläufig erreichbare Anne-Frank-Gemeinschaftsgrundschule. Aber schon damals überzeugten uns auch die guten Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf, buchstäblich um die nächste Ecke.

Unsere Straße ist eine verkehrsberuhigte Sackgasse, die nach rund 200 Metern endet und deren Geschichte im Jahre 1992 beginnt. Damals war der – parallel verlaufende – Sperberweg bereits durch einen Bauträger vermarktet und bebaut. Daher konnte die Erschließung „meiner Straße“ als Arrondierung des Ortes nur über eine Baustraße, einem heutigen Fußweg vom Sperberweg, aus stattfinden. Nach dem Bau einer in überwiegend dunkelbraunen Farbtönen gehaltenen Hausreihe, die zusätzlich über eine Baustraße von der nördlich gelegenen Carl-Jatho-Straße aus erreichbar war, verlief ab 1993 parallel der Verkauf und Bau von drei Hausreihen in der Hans-Berge-Straße durch ein Kölner Unternehmen. 

Zunächst wurden die westlichen, mit weißen Klinkern versehenen und danach die ostwärts gelegenen in rötlichem Klinker gehaltenen Hausreihen erstellt und bereits Ende 1993 war die erste Hausnummer 30 bezogen; aber noch ohne fließendes Wasser – ein großzügiger Nachbar aus dem Sperberweg half den „Erstbeziehern“ im Übergang mit dem Nötigsten aus. Der Lückenschluss zur Giesdorfer Straße war schnell geschafft, aber die eigentliche südliche Zufahrt wurde erst nach Bezug aller Häuser fertiggestellt; mit dem Nachteil, dass bis 1995 die LKW aller Umzugsfirmen vom Sperberweg aus anfahren mussten. 

Aus den Anfangsjahren wohnen noch heute viele (Erst-)Eigentümer hier in der Hans-Berge-Straße und schätzen seit fast 30 Jahren den weiten Blick über die im Osten von Rondorf angrenzenden Felder – landwirtschaftlich durch Getreide-, Spargel-, Zuckerrüben- oder Kartoffelanbau genutzt. Gerne genießen sie, auch mit Nachbarn aus den angrenzenden Straßen, „ihren“ Naherholungsbereich; einen Fuß- und Radweg, der 2014 von der „Regionalen“ noch zusätzlich mit einer Allee gesäumt und mit Ruhebänken versehen worden ist. Dieser lädt Spaziergänger, Familien mit Kindern und so manchen Sportbegeisterten dazu ein, sich friedlich „im Grünen“ am kleinen Rondorfer Friedhof vorbei bis nach Immendorf fortzubewegen. Ein Geschenk, das sie auffordert, es zu bewahren und an ihre Nachkommen weiterzugeben.

EINER VON UNS: Burkhard Bechtel

Auch wenn die Formel Eins jetzt wieder an den Start geht: Für den Rennsportexperten Burkhard Bechtel ist seit der „Corona-Krise“ nichts mehr so wie es war: „Es gibt Dinge, die sind wichtiger als mit Vollgas über die Kerbs des Lebens zu ballern oder als Erster ins Ziel zu kommen“. Dies sagt ein Mann, der immer gerne Vollgas gibt. Denn Burkhard Bechtel aus Hochkirchen ist Stimme und Produzent des populärsten Markenpokals im deutschen Rennsport. Seit 30 Jahren liefert er rund um die Welt die Livebilder und Reportagen des Porsche Carrera Cup Deutschland. Doch jetzt heißt es für ihn plötzlich: Boxenstopp. 

Burkhard Bechtel ist es gewohnt, mit seinen mehr als 30 OnBoard-Kameras immer hautnah dran zu sein an den heißen Reifen des rasanten Porsche 911 GT3 Cup. Egal ob Frontlippe, Spiegel oder Heckspoiler – die kleinen Kameras verfolgen live jede kleinste Drehung auf dem Asphalt. Ob aktuelle TV-Bilder und Livestreams, spannende Instagram-Stories, schnelle Facebook-Posts, Infos per Twitter oder YouTube – hinter allem steht „bbe“, so sein Kürzel. „Wir liefern alles rund um das Renngeschehen bis hin zu spannenden Hintergrundberichten aus dem Fahrerlager“, erzählt er im SÜDBLICK-Gespräch. Im letzten Jahr kamen so mehr als 100 Videos für die verschiedensten Kanäle zustande. Kaum eine Social-Media-Plattform, auf der er nicht präsent ist. Die wachsende Popularität der Rennserie ist nicht zuletzt sein Verdienst. Der Startschuss fiel 1990 im belgischen Zolder. Mehr als 300 Rennen wurden seitdem ausgetragen. 

Aber jetzt ist plötzlich „Boxenstopp“ für den Rennzirkus. Corona legt selbst die schnellsten Männer der Welt lahm. Und jetzt? Wie geht es weiter? „Im Augenblick schlicht und einfach gar nicht. Die Welt der großen Sportereignisse ist nahezu komplett zusammengebrochen; und die des Motorsports nahezu restlos“, bilanziert der 64-Jährige. Und wie verändert dies alles seinen Blick? Auch hier kommt ein klares Bekenntnis: „Ganz deutlich! Dreißig Jahre lang hat der Rennsport das Leben meiner Familie und meins nahezu komplett in Beschlag genommen. 24 Stunden an sieben Tagen die Woche war von März bis Oktober unser Arbeitsrhythmus. Plötzlich muss ich nun zwangsweise erkennen, dass der Motorsport nicht der Nabel der Welt ist“. 

Doch haben dies alle sofort verstanden? „Auf gar keinen Fall. Es gab viele Kollegen, die das eher harmlos gesehen haben. In vier Wochen fahren wir wieder! war zum Beispiel ein immer wieder gehörter Satz. Mittlerweile ist aber wohl jedem Kollegen klar, dass sich unsere TV-Welt vermutlich auf Monate, wenn nicht sogar Jahre verändern wird“, sagt der Sportkenner ganz offen. Um die Zukunft macht er sich deshalb große Sorgen: „Rennfahren ist letztendlich auch ein Beruf, bei dem das sportliche wie das wirtschaftliche Ergebnis stimmen müssen. Fahrerinnen und Fahrer müssen von den Einnahmen des Sports leben. Für sie alle beginnt gerade eine neue Welt“.

Und das gilt aus seiner Sicht für alle großen Sportereignisse – egal, ob Bundesliga, Olympische Spiele, Europameisterschaften. Denn: „Sport ist Emotion. Sport braucht die Menschen, die ihnen vor Ort live zujubeln. Das ist so wie bei Künstlern auf der Bühne und deren Applaus. Sport ohne Fans wird mittelfristig in der Form wie wir ihn kennen, nicht funktionieren“, sagt der langjährige Sportreporter und denkt dabei zugleich auch an den Amateursport: „ Auch die Kreisklasse des Fußballs braucht die Zuschauer, die begeistert live dabei sind“.

Wie groß also wird der Rückschlag für den Spitzensport sein? Bechtels Prognose ist voller Skepsis: „Sehr groß. Da werden nicht nur sportliche Karrieren nicht mehr weiter fortgeführt werden, sondern ich sehe vor allem ein Problem in der sich ändernden Betrachtung auf Nachwuchsförderung und Unterstützung von Talenten. Die Frage der nächsten Jahre lautet schlicht und einfach: Wird das Geld noch da sein, um hier zu unterstützen?“

Burkhard Bechtel kennt dies alles aus eigener Erfahrung. Denn er ist früher selbst Rennen gefahren, mit einem akzeptablen Erfolg, „der mir und meiner Familie finanziell allerdings vieles abverlangt hat. Ich habe mir dann mal im Scherz geschworen, dass ich mir jeden Groschen wiederhole. Das hat zum Glück funktioniert.“

Seine Erfahrungen gibt er inzwischen gerne weiter. Mit seinem Wissen und seinem Knowhow schult er regelmäßig junge Rennfahrer. „Für mich ist es ein echter Kick, junge Leute vom „no name“ zum Spitzensportler zu begleiten. Michael Schumacher war und ist für mich ein solches Beispiel. Ich habe ihn von seinen allerersten Schritten im Automobilrennsport bis zum Einstieg in die Formel 1 begleitet und dort auch immer wieder getroffen. Ein bemerkenswerter Weg eines großen Sportlers, vor dem ich mich nicht tief genug verneigen kann“.

Doch nunmehr muss Burkhard Bechtel lernen, dass die Devise des Sports höher, schneller, weiter „mehr oder weniger zur Bedeutungslosigkeit wird, dass nun ganz andere Themen zu den alles Beherrschenden des Lebens werden“, wie er es ausdrückt. „Gesundheit, Solidarität, das Einstehen für den oder die andere sind plötzlich viel wichtiger, als mit Vollgas im Kreis-Herum-zu-fahren. Die Einsicht bringt uns gerade bei, dass Leerlaufdrehzahl plötzlich ganz viel Sinn macht“, lautet seine aktuelle Erkenntnis. Und er formuliert sein neues Leitmotiv so: „Wir brauchen nicht die schnellste Linie vom Start zum Ziel, sondern die sicherste“. 

Auch wenn der passionierte Anhänger schneller Rennen in den letzten Wochen gemerkt hat, dass Motorsport nicht der Nabel der Welt ist, so bleibt doch seine Hoffnung: „Eines Tages möchte ich schon dabei sein, wenn die Räder wieder ihre Runden drehen“. Und so wartet er auf die Zeit danach; auf die Zeit, in der Motorsport wieder Sinn machen kann. Und seine 30 OnBoard Kameras wieder nur ein Ziel kennen.

Bis dahin betreibt er virtuellen Rennsport, „weil ich fest daran glaube, dass das wohl auch ein Teil unserer Zukunft werden wird. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass ich in den nächsten Jahren in der kurzen Hose in Hochkirchen auf der Couch sitzen werde, um ein Rennen zu kommentieren, zu dem sich gerade Sportler aus der ganzen Welt per Rennsimulator zugeschaltet haben.“

Ach ja, und wie kam der Vielgereiste zu seiner Couch in Hochkirchen? Er erzählt: „Erst bin ich ein wenig durch die Kölner Veedel getingelt“. Dann blieb er 1990 hier hängen. „Ein bemerkenswerter Stadtteil, den ich nicht mehr missen möchte. Er erinnert mich ein wenig an meine alte Heimat, das Siegerland, allerdings offener und mit einem deutlicheren Miteinander. Mit gefällt hier der leicht dörflich geprägte Charakter. Jeder kennt jeden, man hilft sich, ist freundlich im Umgang. Die offene Lebensart erleichtert das Leben hier sehr. Und dann gibt’s noch den Riesenvorteil, dass mein Hund und ich spätestens nach fünf Minuten auf unserer Runde irgendwo im Grünen sind“, lacht er. Und bricht auf zur nächsten Runde. Ganz ohne PS. „Vielleicht aber dann demnächst doch wieder mit Motorkraft“, merkt er noch an. „Ab Mitte August soll es auch bei uns im Motorsport wieder losgehen.“