Meine Straße: Hans Berge-Straße

Erlebt von Peter Heinzlmeier

Als ehrenamtlicher Kommunalpolitiker schaut Peter Heinzlmeier besonders aufmerksam auf unser örtliches Straßenbild: Was fehlt und wird gebraucht? Was entwickelt sich neu? Sein privates Zuhause hat er in der Hans-Berge-Straße gefunden. Deren Namensgeber, ein früher, aber modern denkender Kölner Stadtplaner, inspiriert ihn durchaus. 

Mir gefallen Straßenentwicklungen, bei denen es gelingt, die notwendigen Bauaktivitäten so ansprechend zu gestalten, dass sie gleichzeitig, so weit als möglich, ein Wohnen im Grünen zulassen und damit Lebensqualität im Alltag schaffen. Ich glaube, unsere Straße ist dafür ein durchaus gelungenes Beispiel. Und sie macht damit unserem Namensgeber durchaus Ehre.

Wer aber war Hans Berge, von dem wir heute noch lernen können? Während in vielen anderen Städten nach dem Zweiten Weltkrieg Felder und Waldstücke für städtebauliche Zwecke geopfert wurden, ging Köln in seiner Grünpolitik einen durchaus anderen Weg. Auf den Spuren Konrad Adenauers, dem die Stadt Köln nicht zuletzt den inneren und äußeren Grüngürtel verdankt, entwickelte Hans Berge, der 1955 Kölner Stadtdirektor wurde, als großer Naturfreund und Pflanzenliebhaber seine Ideen. Ihm verdanken wir zum Beispiel ganz in unserer Nähe mit dem Forstbotanischen Garten eine Grünanlage, die seit 1964 den Menschen im Kölner Süden Naherholung in einer einmaligen wald- und parkartigen Landschaft von bemerkenswerter Artenvielfalt bietet und Experten wie botanisch interessierte Gartenfreunde in großer Zahl anlockt.

Hans Berge warb unermüdlich dafür, in der Bauplanung die Grüngestaltung nicht zu vernachlässigen und auch in einer entwickelten Stadtgesellschaft der Natur genügend Freiräume zu belassen. Er bekannte schon 1958: „Alle Möglichkeiten zur Schaffung neuer Wald- und Erholungsgebiete müssen erkannt und ausgenutzt werden, damit wir vor unseren Kindern und kommenden Generationen bestehen können“. 

Hans Berge war also ein vorausschauender Kölner Kommunalpolitiker mit Visionen, der schon ökologisch dachte, als dieses Wort noch kaum jemand kannte. Zugleich ein moderner Stadtplaner, der wusste, wie wichtig es ist, den Ruf nach mehr Wohnraum mit „grünen Konzepten“ zu verbinden. „Er sorgte für großflächige Aufforstungen mit Mischwald, die sich jetzt in den Klimaveränderungen bewähren“, erläuterte kürzlich Dr. Bauer, stellvertretender Leiter des städtischen Grünflächenamtes. „Sogar die sog. „Kölner Mischung“ mit Buche, Ahorn, Linde, Haselnuss und Exoten wie Mammutbaum und Blauglockenbaum geht auf Hans-Berge und seine Person als Vorreiter der heutigen Zeit zurück.“ Kaum ein Thema ist heute auch in unserem wachsenden Wohngebiet aktueller. „Ich jedenfalls freue mich jedes Mal,“ so Peter Heinzlmeier, „wenn ich nach einem intensiven Arbeitstag bzw. einer mehrstündigen Sitzung noch in „meiner“ Straße eine Runde mit dem Rad starten oder einen Lauf in herrlicher Natur zum Forstbotanischen Garten beginnen kann, um in der Umgebung den Termindruck des Alltags ein wenig zu vergessen.“ 

Meine Frau und ich zogen unmittelbar nach Geburt unserer Tochter vor fast genau 20 Jahren von Rösrath nach Rondorf um – in das Haus meiner Schwiegereltern, die sich damals räumlich veränderten. Entscheidende Kriterien waren für uns die Nähe zu unseren Arbeitsstellen, die Lage zum hervorragenden Kindergarten der Evangelischen Kirchengemeinde in der Carl-Jatho-Straße und die fußläufig erreichbare Anne-Frank-Gemeinschaftsgrundschule. Aber schon damals überzeugten uns auch die guten Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf, buchstäblich um die nächste Ecke.

Unsere Straße ist eine verkehrsberuhigte Sackgasse, die nach rund 200 Metern endet und deren Geschichte im Jahre 1992 beginnt. Damals war der – parallel verlaufende – Sperberweg bereits durch einen Bauträger vermarktet und bebaut. Daher konnte die Erschließung „meiner Straße“ als Arrondierung des Ortes nur über eine Baustraße, einem heutigen Fußweg vom Sperberweg, aus stattfinden. Nach dem Bau einer in überwiegend dunkelbraunen Farbtönen gehaltenen Hausreihe, die zusätzlich über eine Baustraße von der nördlich gelegenen Carl-Jatho-Straße aus erreichbar war, verlief ab 1993 parallel der Verkauf und Bau von drei Hausreihen in der Hans-Berge-Straße durch ein Kölner Unternehmen. 

Zunächst wurden die westlichen, mit weißen Klinkern versehenen und danach die ostwärts gelegenen in rötlichem Klinker gehaltenen Hausreihen erstellt und bereits Ende 1993 war die erste Hausnummer 30 bezogen; aber noch ohne fließendes Wasser – ein großzügiger Nachbar aus dem Sperberweg half den „Erstbeziehern“ im Übergang mit dem Nötigsten aus. Der Lückenschluss zur Giesdorfer Straße war schnell geschafft, aber die eigentliche südliche Zufahrt wurde erst nach Bezug aller Häuser fertiggestellt; mit dem Nachteil, dass bis 1995 die LKW aller Umzugsfirmen vom Sperberweg aus anfahren mussten. 

Aus den Anfangsjahren wohnen noch heute viele (Erst-)Eigentümer hier in der Hans-Berge-Straße und schätzen seit fast 30 Jahren den weiten Blick über die im Osten von Rondorf angrenzenden Felder – landwirtschaftlich durch Getreide-, Spargel-, Zuckerrüben- oder Kartoffelanbau genutzt. Gerne genießen sie, auch mit Nachbarn aus den angrenzenden Straßen, „ihren“ Naherholungsbereich; einen Fuß- und Radweg, der 2014 von der „Regionalen“ noch zusätzlich mit einer Allee gesäumt und mit Ruhebänken versehen worden ist. Dieser lädt Spaziergänger, Familien mit Kindern und so manchen Sportbegeisterten dazu ein, sich friedlich „im Grünen“ am kleinen Rondorfer Friedhof vorbei bis nach Immendorf fortzubewegen. Ein Geschenk, das sie auffordert, es zu bewahren und an ihre Nachkommen weiterzugeben.

Meine Straße: Waldkauzweg

von Jan Noeske

Wir haben die perfekte Straße für „Schnitzeljagd nach Hausnummern“ – meint Waldkauzweg-Bewohner Jan Noeske, der 2011 mit seiner Familie per Bollerwagen dorthin gezogen ist. Doch die Verteilung der Hausnummern zwischen Abzweigen und Fußwegen lässt hier so manchen Briefboten schlicht verzweifeln. Für das Ordnungsamt wiederum scheint die Straße eine richtig gute Einnahmequelle zu sein.

Für alle, die es nicht wissen: Der Waldkauzweg ist zwischen Edeka und Anne-Frank-Schule gut erkennbar an den grünen Fenstern und Garagen – auch wenn es zum Glück ein paar Farbausbrecher gibt. Ganz unterschiedlich ist der Baubestand mit Apartmenthäusern, Doppelhaushälften und Reihenhäusern. Lustig ist, dass von außen alle Häuser gleich aussehen, aber (auf jeden Fall bei uns in der Reihe) innen alle ganz unterschiedlich sind.

Der Waldkauzweg ist die perfekte Straße für „Schnitzeljagd nach Hausnummern“… sie geht wie ein U von der Reiherstrasse ab und endet da auch wieder. Dazwischen gibt es einige Abzweigungen und Fußwege. Wie die Hausnummern vergeben sind, habe ich bis jetzt nicht verstanden und so manchen hilflosen Paketzusteller schulterzuckend auf Google Maps verwiesen.😉

Aber die verkehrsberuhigte Straße, die zwischen 1993 und 1995 in mehreren Bauabschnitten durch die Baufirma WILMA entstand, ist ein Idyll für Familien. Inzwischen sind zwar viele Kinder der „1. Bewohner-Generation“ schon zu alt zum Spielen auf der Straße, aber die Hinzugezogenen (wie wir) sorgen für Nachschub. Daher ist der Waldkauzweg regelmäßig Tennis-, Basketball- Fußball- oder einfach nur Spielplatz. 

Die Nähe zu den Läden an der Rodenkirchener Straße ist super. Die unmittelbare Nähe zum Edeka führt (leider) dazu, dass wir beim Einkaufen oft nicht viel nachdenken, was wir brauchen. Wenn beim Kochen etwas fehlt, geht man einfach nochmal kurz rüber.

Sehr schön sind auch die „essbaren Verkehrsinseln“. Auf einigen Inseln wachsen schon recht große Beerensträucher, die im Sommer reichlich Früchte tragen. Umso ärgerlicher ist, dass fast alle Bäume auf den Verkehrsinseln ein ziemlich jämmerliches Dasein fristen. Sie sind nahezu alle krank und sehen nicht sehr schön aus. Die Versuche, sie durch radikalen Schnitt zu verjüngen, waren bislang leider vergeblich. Wir sind gespannt, wie das in den nächsten Jahren weiter geht.

Der Grünstreifen zwischen Merlinweg und Waldkauzweg ist die perfekte Naherholung für Kinder. Die zwei Spielplätze bieten Kindern superviele Möglichkeiten. Er wird auch gerne von den gefühlt 500 Hunden in Rondorf/ Hochkirchen genutzt. Ärgerlich ist, dass ein (wahrscheinlich verschwindend geringer) Anteil der Hundebesitzer ihre „Haufen“ hinterlassen. Das führt leider regelmäßig dazu, dass auf der Wiese spielende Kinder stinkend aus der Wiese kommen. Die Meinung zu dem beliebten Treffpunkt für die Jugendlichen gehen bei den Anwohnern auseinander. Allgemein nervig ist die laute Musik (die zumindest nicht meinen Musikgeschmack trifft) und der ständige „Kifferduft“ zwar schon, aber ich finde keinen Grund zur Aufregung. Inakzeptabel ist der Dreck, der viel zu oft von den Gelagen zurückbleibt. Warum drei Meter entfernte Mülleimer nicht genutzt werden, ist mir ein Rätsel! Ein Hoch auf alle Nachbarn, die wahrscheinlich deutlich öfter als die AWB den Dreck wegräumen.

Dass der Waldkauzweg morgens regelmäßig von Elterntaxis genutzt wird, um die Kinder zu der nur wenige Meter entfernten Anne-Frank-Schule abzusetzen, finde ich eigentlich gut, da dadurch das Verkehrschaos an der Adlerstraße entlastet wird. Inakzeptabel jedoch ist, dass es viele Elterntaxis eilig haben und viel zu schnell durch den verkehrsberuhigten Waldkauzweg brausen. Schade, wie so oft sind die Eltern die größte Gefahr für die Kinder. Es kam leider auch schon zu einem bis heute ungeklärten Todesfall… eine gutmütige Katze aus der Nachbarschaft ist einmal nicht rechtzeitig ausgewichen. Absolutes Unverständnis, wie sowas in einer verkehrsberuhigten Straße passieren konnte! Der Trend zum 2. oder 3. Auto je Familie wurde bei der Planung vor 30 Jahren auch noch nicht vorhergesagt. So ist der Waldkauzweg eine sichere Einnahme-Quelle für das Ordnungsamt, dessen Mitarbeiter/innen bestimmt einmal im Monat hier fleißig ihre Knöllchen verteilen.

Der Zusammenhalt der Bewohner ist toll. Auch wenn es (vielleicht auch wegen der Unübersichtlichkeit des Waldkauzweges) nicht die „eine Nachbarschaft“ gibt, so laden zumindest im hinteren Teil (beim Wendehammer) jährlich Reibekuchen beim Martinsumzug, Bierchen am Rosenmontagsumzug ein; selbst Apfelsaft wurde schon mit einer mobilen Mosterei im Waldkauzweg hergestellt. Im kleinen Kreis gibt es auch Wanderausflüge oder gemeinsame Kochevents. Viele Bewohner (auch aus benachbarten Straßen) sind jetzt über nebenan.de organisiert, was uns schon oft gerettet hat mit Skischuhen, Werkzeug etc. Wir nennen das Nachbarschaftshilfe 2.0

Als der Martinsumzug früher noch an der Grundschule in der Adlerstraße endete, war der Waldkauzweg ein wahres Eldorado für singende Kinder an den Haustüren. Da konnte man ohne weiteres 50 singende Kinder innerhalb einer Stunde vor der Türe erleben. Seit der Zug einen anderen Weg nimmt, ist das leider deutlich weniger geworden. 

Mein persönliches Fazit: In Summe kann ich mir keine bessere Straße zum Leben vorstellen. Vor ein paar Jahren hatten wir überlegt, nochmal umzuziehen. Das hatten wir aber sehr schnell wieder verworfen, da unsere Nachbarschaft einfach die beste der Welt ist!

Nächsten Monat besuchen wir die Hans Bergestraße. Und wie lebt es sich In Ihrer Lieblingsstraße? Erzählen Sie es uns! Lob, Kritik, Alltagsbeobachtungen – alles ist in dieser SÜDBLICK-Serie möglich. Schreiben Sie an: newsletter@dorfgemeinschaft.koeln

MEINE STRASSE: Reiherstraße, vorgestellt von Mathilde Voss

Siebengebirge oder Rondorf? Ein Bauwagen lockte Mathilde Voss 1978 in die Reiherstraße. Seit 40 Jahren lebt sie jetzt hier. Hier feierte sie auch Ende April ihren Geburtstag. Und lässt sich selbst in Zeiten wie diesen nicht unterkriegen. 

Ich erinnere mich noch gut an das Jahr 1973. In diesem Jahr gab es einen autofreien Sonntag. Diesen Sonntag nutzten wir, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln ins Siebengebirge zum Wandern zu fahren. Da wir das Siebengebirge sehr liebten, wollten wir eventuell im Alter auch dort wohnen. Aber schon auf dem Heimweg mit Bahn und Bus wurde uns klar, die Landschaft im Siebengebirge gibt Erholung; diese ist jedoch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu umständlich zu erreichen.

Unser Heimweg führte uns über die Bussard Straße. Hier stand ein Bauwagen und ein Bauunternehmer bot vier Wohnblöcke an, von denen zwei Blocks in der Bussard Straße und zwei in der Reiherstraße erbaut werden sollten. Da ich bereits seit 1960 in Rondorf wohnte, war mir der Ort gut bekannt. In den Jahren meiner Ausbildung zur Lehrerin hospitierte ich oft in der Volksschule Rondorf und war auch aktiv in der Kirchengemeinde. So war das Betreten des Bauwagens und ein Gespräch mit den Anbietern der Wohnung eine schnelle Entscheidung. 1980 konnten wir einziehen. 

Die Reiherstraße wurde zunächst nur auf einer Seite bebaut. Auf der gegenüberliegenden Seite, die zur Autobahn gerichtet war, gab es zu dieser Zeit eine kleine Siedlung mit Schrebergärten. Daran schlossen sich Getreidefelder an. Von unserem Balkon konnten wir im Frühjahr die blühenden Obstbäume und dahinter die gelb blühenden Raps- und Getreidefelder genießen. Im Sommer feierten die Besitzer der Schrebergärten ihre Feste und frohe Musikklänge ließen uns daran teilnehmen. 

Unser Ort hatte zu der Zeit noch einige Landwirte, die ihre Felder bearbeiteten. Milch, Eier und Gemüse kaufte ich beim Bauern vor Ort. Rondorf war bis in die 80er Jahre ein Straßendorf. Kirche, Schule und eine Poststation bildeten den Mittelpunkt. Nachdem 1968 die Schule bereits am Rande von Hochkirchen neu gebaut wurde (aus der Volksschule entstanden Grund- und Hauptschule) errichtete auch die katholische Kirchengemeinde eine neue Kirche in der Nachbarschaft.

Als ein paar Jahre später die Stadt veröffentlichte, die Felder als Bauland zu nutzen, verschwand in den Jahren 2000 bis 2005 unsere wunderbare Gartenlandschaft; Wohnungsbaugesellschaften errichteten mehrgeschossige Häuser. Anfänglich regte sich in unserer Siedlung noch Widerstand. Aber heute, nach mehr als 20 Jahren, möchte ich sagen, dass die Aufteilung sowohl von Mehrfamilienhäusern und Einfamilienhäusern mit Grünflächen eine gute Wohnparklandschaft darstellen.

Das Zentrum von Rondorf ist in Richtung Hochkirchen immer weitergewachsen. Mit Stadtparkasse, Post, Apotheke, Kirche und Schule bildet die Reiherstraße heute eine gute Tangente. Auch zum Einkaufen ist es möglich, sich als älterer Mensch hier gut zu versorgen.

Nächsten Monat besuchen wir den Waldkauzweg. Wollen auch Sie uns Ihre Straße vorstellen? Wie ist dort der Alltag in diesen Zeiten? Schreiben Sie an: newsletter@dorfgemeinschaft.koeln

Meine Straße: Am Bödinger Hof

Vorgestellt von Birgit Krause

„Auch wenn sich das Beobachten unserer spielenden Kinder draußen derzeit weitgehend erübrigt, wissen wir, dass wir uns immer aufeinander verlassen können, gerade in Zeiten des Corona-Virus. Ein Lächeln von Fenster zu Fenster oder ein Gruß von Tür zu Tür geht immer.“ So sieht Birgit Krause die aktuelle Lage in „ihrer“ Straße Am Bödinger Hof, wo ein Super Miteinander von Groß und Klein die Nachbarschaft prägt. Und zwar nicht nur jetzt.

Unsere kleine Spielstraße ist eine Sackgasse und befindet sich gleich hinter dem historischen Bödinger Hof. Sie wurde als Neubaugebiet 2003/ 2004 bezogen. Ein paar Häuser gab es bis dahin schon – allerdings unter der Straßenbezeichnung Kapellenstraße, am Ende dieser Häuser schlossen sich die Brombeerhecken an – ein Paradies für Vögel und Schmetterlinge und inzwischen ein Kleinod für uns.

Denn es kamen unsere 21 Doppelhaushälften hinzu. Schon nach kurzer Zeit verflog das teilweise vorhandene Heimweh nach dem ursprünglichen Wohnort, denn wir wuchsen schnell zu einer tollen Gemeinschaft zusammen. Wir trafen uns auf der Straße, um unseren Kindern beim Spielen zuzusehen oder sie beim Lernen diverser Fahrgeschäfte zu begleiten – vom Dreirad, über Fahrrad, Inlineskates, Einrad oder Skateboard. Und noch dazu: Hinter unserem Wohngebiet gibt es den Bolzplatz und das kleine Wäldchen, ebenfalls eine schöne Möglichkeit für kindliche Weiterentwicklung.

So entstanden über die reine Nachbarschaft hinaus mit den Jahren sogar echte Freundschaften: Gemeinschaftliches Fußballgucken, nicht nur zur Weltmeisterschaft, gehört dazu, aber auch gemeinsame Theaterbesuche. Die Kleinen lernen von den Großen und manchmal auch umgekehrt. So lässt ein Nachbar den interessierten Nachwuchs an diversen Reparaturen in seiner Hobby-Werkstatt teilhaben. Schön ist es dabei, ein Schwätzchen zu halten oder den Gesprächen der Kleinen zu lauschen. Jeder nimmt jeden, so wie er ist, trotzdem sind wir füreinander da, ob zum Päckchen annehmen (was laut Postboten gar nicht so selbstverständlich ist) oder für die ein oder andere fehlende Zutat, für die gegenseitige Kinderbetreuung oder bei Ausfall der heimischen Waschmaschine. 

In Zeiten von Corona helfen wir uns gegenseitig und bieten unseren Nachbarn noch mehr Unterstützung an, wie zum Beispiel Einkäufe zu erledigen oder Rezepte abzuholen. Inzwischen ist es Tradition, dass wir einmal im Jahr ein Sommerfest in unserer Straße veranstalten. Dabei teilen wir, was die Planung angeht, die Straße in den oberen, mittleren und unteren Teil der Straße ein, so dass nicht immer die gleichen Personen für die Organisation zuständig sind. Am Nachmittag finden Spiele und gemütliches Kaffeetrinken statt, am Abend wird gegrillt und geklönt. Hierauf freuen sich alle schon das ganze Jahr.

Aus dieser Erfahrung heraus haben sich noch mehrere Events herauskristallisiert. Als die Kinder noch kleiner waren, fanden in unserem Haus Nikolausfeiern statt. Jedes Kind wurde zum Nikolaus gerufen und wir alle erfuhren, was sie im Laufe des Jahres so alles richtig und falsch gemacht haben. Mit großer Ehrfurcht näherten sie sich dem Mann im Nikolaus-Kostüm – eine schöne Erinnerung an eine Zeit, dem die meisten Kinder inzwischen entwachsen sind.

Damit aber nicht genug. Wir treffen uns auch zu Halloween in einer der nachbarlichen Garagen zum gemeinsamen Gruseln, Essen und Trinken. Die Kinder ziehen währenddessen verkleidet umher und sammeln Süßes oder Saures. Auch kurz vor Weihnachten gibt es noch mal Gelegenheit für eine inzwischen traditionelle Zusammenkunft: das Glühweintrinken vor unserem Haus. Dabei bringt wieder jeder Anwohner eine Kleinigkeit zu essen mit und wir genießen gemeinsam eine schöne Einstimmung auf das bevorstehende Weihnachtsfest. 

Im letzten Jahr haben wir erstmals etwas Neues ausprobiert: einen Garagenflohmarkt. Im Rahmen der 72-Stunden-Aktion haben wir unsere Schätze aus Garage und Keller zum Verkauf angeboten. Zusätzlich haben wir einen Cafeteria-Stand mit Waffeln und Kuchenverkauf auf die Beine gestellt, dessen Erlös einem sozialen Zweck zu Gute gekommen ist. So konnten wir mit einem nennenswerten Betrag unser Hospiz hier in Rondorf unterstützen. Noch wichtiger fanden wir aber den Spaß, den wir gemeinsam hatten, den Flohmarkt auf die Beine zu stellen und in viele freundliche Gesichter aus der Nachbarschaft zu blicken. Viele Besucher entdeckten unsere Straße dabei erstmals und fanden besonders die Ruhe und das freundschaftliche Miteinander in unserer Nachbarschaft bemerkenswert.

Und noch eine Besonderheit in unserer Straße: Wir schätzen uns glücklich, eine 100-jährige Bewohnerin unsere Nachbarin zu nennen. So konnten wir letzten Oktober mittels Ständchen und Sekt-Umtrunk auf der Straße ihren Geburtstag bei guter Gesundheit feiern. So leben wir hier mit mehreren Generationen und auch mehreren Nationen herrlich zusammen – selbst in so außergewöhnlichen Zeiten wie diesen. 

Meine Straße: Carl-Jatho-Straße

Vorgestellt von Michael Grau

Er war ein über Köln hinaus bekannter evangelischer Pfarrer, der mit seiner Lehre einen heftigen Kirchenstreit auslöste: Carl Jatho. Dass er der Namensgeber dieser Straße wurde, ist sicher kein Zufall. Denn markantes Wahrzeichen der Sackgasse ist die evangelische Emmanuel Kirche mit dem hoch hinausragenden weißen Turm. Über eine sehr lebendige Straße, in der viel Musik zuhause ist, erzählt Michael Grau. 

Unser erstes Rendezvous mit der Carl-Jatho-Straße ereignete sich auf Grund eines Bauträgerinserats – „Preiswerte Reiheneinfamilienhäuser“ – im Sommer 1993. Links an der neu angelegten Sackgasse stand die weiße Emmanuel Kirche mit Gemeinde- und Pfarrhaus, davor der große, neu angelegte öffentliche Spielplatz. Gegenüber rechterhand blickten wir in eine lange Reihe frisch ausgehobener Baugruben. Nahebei standen zwei Bauwagen.

Den Vormittag verbrachten meine Frau und ich – unsere damals knapp ein Jahr junge Tochter immer dabei – damit, dort die Broschüren und Pläne zu studieren, die Himmelsrichtung der geplanten Häuser zu ermitteln, dann auch besorgt dem Lärm der nahen A555 zu lauschen und die nähere Umgebung zu erkunden. Am Nachmittag schon war die Entscheidung für eines der holländisch kostengünstigen und mit ihren Klinkerfassaden solide geplanten Reihenhäuser abschließend gereift: ein guter, für uns erschwinglicher Platz für ein Paar mit Kleinkind!

Damit waren wir in dieser Neusiedlerstraße mit 14 Häusern nicht allein. Das Kennenlernen der neuen Bewohnerschaft ereignete sich bei den nun folgenden regelmäßigen Baustellenbesuchen, beim Einziehen Anfang 1994, bei Austausch über Ärger mit dem Bauträger und Anlegen der Gärten in der Baustellenwüste. Und nicht zuletzt bei der Betreuung und Aufsicht der Kinder auf Gegenseitigkeit.

Die Kindergartenplätze folgten mit gehöriger Verspätung und in zu knapper Zahl, auch gleich gegenüber hinter der Emmanuel Kirche, mit Gedränge und Gerangel beim Run auf die wenigen Plätze.

Seit Bezug der neuen Häuser sind nun 26 Jahre vergangen. Die Gärten sind ein grünes Paradies geworden, der Spielplatz wurde mehrfach umgebaut, die Bäume sind groß, wie die Kinder, und die Altsiedler älter. Und damit hat nun auch nach und nach das Wechseln der Bewohner eingesetzt, eine neue Generation zieht ein…

Derweil hat sich die evangelische Kirchengemeinde zu einer überregional bekannten und zahlreich besuchten Heimat eines hochengagierten Musiklebens entwickelt. Das Gemeindezentrum beheimatet die beiden ältesten Orgeln in den Kölner Stadtgrenzen, die Musikschule Papageno, die Kurrende, den Rodenkirchener KammerChor und Orchester e.V. mit über 100 Mitgliedern, und eine Brassband. Neben den Gottesdiensten, deren Besuch sich stets lohnt, und dem „normalen“ Gemeindeleben summt und brummt es täglich in allen Räumen und Winkeln in Musik. Musik als kräftige Würze einer lebendigen Gemeinde! Dies ist die besonders schöne und interessante Seite der Carl-Jatho-Straße!

Jedoch, anders als in einer normalen Siedlungs-Sackgasse mit Spielstraßen-Beschilderung ist es mit einer beschaulichen Verkehrsruhe hier oftmals nicht weit her, und die Parkplatznot birgt so manches Konfliktpotenzial mit den Bewohnern. Man reibt sich gelegentlich auch verwundert die Augen, wie täglich für den Transport von Dutzenden Kids zu Kindergarten oder Musikschule die vielen Autos, teils tonnenschwere SUVs, eingesetzt werden müssen, natürlich stets in Einzeltransporten.

Und wie geht es hier weiter? Rondorf soll nun weiterwachsen. So plant die Stadt in Steinwurfweite auch eine Umgehungsstraße zwischen Siedlungsrand und der A555. Das zieht, auch wenn uns die Sackgasse erhalten bleibt, ein weiteres Mehr an Verkehrslärm nach sich. Auch die zahlreichen Hundebesitzer werden die neue Umgehungsstraße eher bedauern und müssen sich neu orientieren, denn sie soll dort die vielbesuchte Gassi-Rennbahn inmitten der Ackerflächen ersetzen.

Nächsten Monat besuchen wir die Reiherstraße. Wollen Sie uns auch einmal neugierig machen auf das Leben in „ihrer“ Straße? Dann schreiben Sie an: newsletter@dorfgemeinschaft.koeln

Willkommen im Café Jatho

Übrigens: Alle Bürger, die ein schönes Café suchen, sind herzlich eingeladen ins Café Jatho im Evangelischen Gemeindezentrum, immer montags von 15:30 Uhr bis 17:30 Uhr, Carl-Jatho-Straße 1

Meine Straße: Lindenweg

Vorgestellt von Caspar

Immer, wenn der Fastelovend seinem Höhepunkt zustrebte, waren die Anwohner des Lindenweg in Hochkirchen in besonders ausgelassener Stimmung, denn einer der ihren gehörte viele Jahre zur Kölschen Karnevalsprominenz – und das zeigte er auch farbenfroh und stimmungsvoll mit großem Aufmarsch allen Nachbarn. Caspar denkt noch heute gern an diese närrischen Zeiten in seiner Straße zurück – immer, wenn das Trömmelche geht….

Der Lindenweg ist mit gut 200 Metern Länge eine recht kurze Straße und verbindet eher unauffällig in Süd- Nordrichtung den Weißdorn- mit dem Großrotterweg. Noch bis zur Jahrtausendwende lebte hier relativ ungestört an einem Ende eine ehemalige Schaustellerfamilie in ihren Großwohnwagen. Doch dann wurde das freie Feld um diese Wagenburg herum Bauland, ist mittlerweile mit Einfamilienhäusern in Reihenhaus- und Doppelhausweise dicht bebaut und zu einem attraktiven Wohnviertel geworden. 

Alle, die sich hier niederließen, waren – wie wir selbst auch – schon vorher in Köln ansässig, teils sogar ‚Urkölsche‘ und wir feierten viel und gern zusammen. Doch einer war ganz besonders, unser „Prinz Karneval“. Im Jahr nach unserem Einzug kamen wir aus dem Staunen kaum heraus, als wir auf der Bühne des Saals Füssenich (das Haus mit der ehemaligen Traditionsgaststätte in Rondorf ist mittlerweile abgerissen worden) lauter Mitglieder des Traditionscorps der Roten Funken von 1823 e.V. erkannten. Unser Nachbar Gisbert Brovot, im Zivilberuf Architekt (er hatte übrigens die schon erwähnten freistehenden Einfamilienhäuser entworfen und geplant), war als Prinz Karneval des Jahres 1969 mit Leib und Seele General der Roten Funken. 

Dieser Tatsache verdankten wir Anwohner des Lindenwegs, dass jährlich während der 5. Jahreszeit sein Stammknubbel der Roten Funken begleitet vom Marieche mit singem staatse Jung lautstark und fröhlich im Lindenweg aufmarschierte und zu Ehren ihres Generals Truffel (kölsch für Maurerkelle) tanzte. Die Funken zählten zuvor selbstverständlich zu zweit ab, präsentierten stolz die Knabüs (Knallbüchse) und zeigten Stippeföttche. Von Jahr zu Jahr freuten wir uns mehr auf dieses ziemlich exklusive karnevalistische Spektakel. Leider verstarb unser Nachbar anno 2016, seitdem können wir im Lindenweg dieses wunderbare Schauspiel nicht mehr genießen. Er war außerdem lange Jahre der umtriebige Präsident des Kölner Festkomitees; alle Dreigestirne fuhren über die Jahre in ihren Karossen vor, um dem Präsidenten seine Aufwartung zu machen. Ich werde diese fantastischen Bilder wohl nie mehr vergessen und sende deshalb in diesen Wochen dankbar ein „Kölle Alaaf“ an unseren unvergessenen Prinzen aus dem Lindenweg von Hochkirchen.

Viele Traditionen sind bis heute lebendig geblieben: Muzen und Muzemändelche werden verzehrt, ebenso Frikadellen und Metthappen und Röggelcher met Kies. Am Rosenmontag gehen wir gern die paar Schritte vom Lindenweg auf die Rodenkirchenerstraße zum Veedelszoch, um die Atmosphäre des Straßenkarnevals und die Freude der Kinder zu erleben. Am Aschermittwoch ist Fisch obligatorisch.

Ja, auch der Fastelovend hat mit dazu beigetragen, dass wir im Lindenweg Ansässigen längst zu einer Gemeinschaft verschmolzen sind. Unvergessen bleibt mir, wie ein Nachbar im Jahr 1993 seinen fünfzigsten Geburtstag in der Form eines Straßenfests feierte. Der Lindenweg wurde gesperrt. Ein Toilettenwagen wurde aufgestellt, ein Tieflader wurde zur Bühne für zwei Live-Bands gestaltet. Die Straße wurde mit Bundeswehrzelten wetterfest gemacht. Und ein Bierpavillon sorgte dafür, dass keine Kehle trocken bleiben musste. Und wie es bei kölschen Straßenfesten üblich ist, waren sämtliche Nachbarn mitsamt der zahlreichen Kinderschar herzlich willkommen. Ja, feiern, das verstehen die Leute vom Lindenweg!

Auch bezüglich des Lebensalters und der Familienbiografie bestehen erstaunliche Ähnlichkeiten; wir verstanden uns schnell als eine Art Bauherrengemeinschaft. Und die bereits ansässige Nachbarschaft nahm uns Hinzukommende wunderbar auf. Der Tatsache zum Trotz, dass schon zu Beginn der Bauarbeiten der Kran umkippte und dabei das Haus des dort ansässigen Polizei-Pensionärs und seiner Frau beschädigte. Doch er nahm es erstaunlich gelassen. Ja, diesem liebenswürdigen Mann machte es über Jahre hinweg Freude, uns gelegentlich mit selbst gezogenem Salat, Gemüse und im Herbst mit Walnüssen seiner beiden großen Bäume zu versorgen. Ein weiterer Polizei-Pensionär von der anderen Straßenseite lud uns über Jahre in seinen Garten ein, wo wir nach Herzenslust Renekloden und Zwetschen pflücken konnten. Und wie staunten wir, als über Jahre hinweg in der Vorweihnachtszeit eine Seniorin vom anderen Nordende der Straße unseren Kindern mit Süßigkeiten eine Freude machte. Auch das ist „mein Lindenweg“.

Aber wie sind wir hier hingeraten? Nun, es war noch zu keiner Zeit einfach, bezahlbaren, familiengerechten und hinreichend geräumigen Wohnraum in günstiger Lage zu bekommen. Eines Tages im Jahr 1987 bemerkte ich als noch recht junger Mann während meiner täglichen Autofahrt von Lindenthal über Klettenberg, Hochkirchen, Immendorf und Godorf zur Arbeitsstelle in Wesseling ein Hinweis- und Werbeschild. Auf der linken Straßenseite kurz hinter der Autobahnbrücke stand es. In der beschaulichen und ganz ruhigen Straße Lindenweg sollten elf Reihenhäuser errichtet werden. Das Straßenbild dominierte eine majestätische Linde mit mächtiger Krone. Schnell brachte ich Näheres in Erfahrung und flugs reifte bei meiner Frau und mir der Entschluss, von der Bauträgerfirma ein schlüsselfertiges Reihenhaus zu erwerben. Seit dem Jahr davor, unser zweiter Sohn war geboren worden, hatten wir schon viele, kaum mehr zu zählende Miet- und Kaufobjekte besichtigt. Eine ganze Reihe davon in Rondorf und Hochkirchen. Stets kamen wir zum Ergebnis ‚zu teuer‘, ‚Umbau erforderlich‘, ‚zu klein‘ oder ‚gefällt uns nicht‘. Aber dieses projektierte einzig noch erhältliche Reihenmittelhaus am Lindenweg elektrisierte uns. Davor wäre Raum für den Stellplatz unserer Familienkutsche und nach hinten erschienen uns die verbleibenden 18,5 Meter ausreichend für Terrasse, Garten und sogar ein Häuschen für die Fahrräder. Dazu der schöne Blick ins Grüne.

Doch manchmal frage ich mich: Wie geht es hier weiter? Zweifellos ist ein ständiger Wandel spürbar. So wurde vor Jahren ein ursprünglich bestehendes Einfamilienhaus abgebrochen, um an gleicher Stelle zwei Doppelhaushälften zu errichten. Insgesamt ist unser Wohnbezirk erheblich angewachsen und dieser Tatsache ist zu verdanken, dass die KVB vor Jahren die Haltestelle Lindenweg schufen. Sehr praktisch, denn seitdem sind nur wenige Schritte nötig, um per Bus mit der Linie 132 über den Clodwigplatz ins Vringsveedel oder aber in die Altstadt bzw. ohne Umsteigen bis zu Dom und Hauptbahnhof zu kommen. Also von wegen Randlage! Und wer weiß, vielleicht werden wir ja wirklich eines Tages per Stadtbahn eine Gleisanbindung an das KVB-Netz bekommen! 

Meine Straße: Blautannenweg

Vorgestellt von Karin Mühlwitz

Der Blautannenweg in Hochkirchen ist nur etwa 185 Meter lang. Aber hier hat sich die Künstlerin Karin Mühlwitz mit ihrem Atelier ihr kleines Paradies geschaffen. Denn hier kann jeder in ruhiger, freundlicher Atmosphäre die Kunst der Malerei lernen. Die angenehme Stille der kleinen Straße trägt zu diesem kreativen Schaffen das ihre bei. 

Lindenweg, Birkenweg, Erlengrund und Blautannenweg sind die vier Straßen mit einem Baum-Namen. Früher sollen hier tatsächlich Blautannen gestanden haben – so wurde es mir erzählt – gesehen haben wir allerdings keine als wir uns für dieses Grundstück entschieden. 

Blautannen sind stattliche Bäume und eine Zuchtform der Edeltanne – ihre Nadeln leuchten dunkelgrünblau oder ganz hell türkis bis fast weißlich und an manchen Stellen in den unterschiedlichsten Grüntönen von blassgrün über Mai grün zu Moos- und Schwarzgrün. Als Künstlerin mag ich diese Farben und setze sie gerne in meinen Bildern ein. Es lassen sich dunkle kraftvolle oder zarte stille Bilder mit ihnen malen. Mit einer komplementären Farbe ergänzt lässt es diese Farben leuchten. Gerade wegen diesen schönen Farben mag ich den Namen meiner Straße.

Wir wohnen nun schon seit über 25 Jahren hier. Mein Atelier liegt im Souterrain unseres Hauses. Hier gebe ich seit über 20 Jahren Unterricht und es macht mir immer noch riesigen Spaß, mein Wissen weiter zu geben und mit meinen KursteilnehmerInnen Ideen zu entwickeln, um sie dann in Bildern umzusetzen. Oft bleiben Spaziergänger stehen und schauen unserem künstlerischen Treiben zu. Gerne darf man bei mir klingeln und mir über die Schulter schauen. 

Mein Arbeitstag beginnt mit einem Kaffee und dem Blick aus meinem Atelierfenster. Alles okay da draußen – frage ich mich. Es ist ruhig in unserer Straße. Viele sind schon zur Arbeit unterwegs. Schulkinder machen sich auf den Weg oder die Kleinsten werden in den Kindergarten gebracht. Eigentlich müsste ich das angefangene Portrait weiter malen – aber noch habe ich keinen Zugang…. Oft dauert es eine Weile, bis mich die Muse trifft. 

Mein Freund Fritz-Hugo (eine französische Bulldogge) kommt ans Fenster. Er wohnt mir gegenüber und immer, wenn er Gassi geht, muss er zuerst nach mir schauen. Bevor ich ihn nicht begrüßt und gekrault habe, geht er nicht zu seiner Hundetoilette. Dort steht auch Toni – ein großer schwerer Gorilla. Er sitzt seit geraumer Zeit im Beet gegenüber und bewacht unsere Straße. Als wir vor 25 Jahren als sechstes Haus hier gebaut haben, war der Blautannenweg noch unbefestigt. Heute kommt die 185 Meter lange und gepflasterte Straße breit, gut ausgebaut und übersichtlich rüber. Die Grundstücke im Blautannenweg wurden damals von der Stadt Köln angeboten. Bei dem Vergabetermin fehlten einige Bewerber und so konnten wir uns das Grundstück als erstes aussuchen. Uns gefiel es gut, dass wir von Gärten umgeben waren. Hier traf ich auch meinen Klassenkameraden wieder, der sich ebenfalls um ein Grundstück bewarb. 

Hier in der Straße stehen sehr unterschiedliche, freistehende Einfamilien- neben Mehrfamilien-Häusern. Mit unserem Baunachbarn und dessen ersten Mietern verbindet uns eine 25jährige Freundschaft. Seit unser Sohn vor fünf Jahren mit seiner heutigen Frau ausgezogen ist, bewohnen wir unser Haus allein. Unsere Hälfte hat letztes Jahr ein „update“ bekommen und unterscheidet sich jetzt leicht von seinem „Zwilling“. 

Das Baugebiet des Half-Miel-Ringes mit seinen in Pastellfarben gestrichenen Häusern am Ende des Blautannenweg, war noch gar nicht in Planung. Damals sind wir oft mit den Kindern über das Feld in den kleinen angrenzenden Wald gelaufen. Eine schöne Erinnerung daran ist die Geschichte zur 10. Geburtstagsfeier meines Sohnes. Es war der Halloween-Monat Oktober und wir machten mit ihm und seinen Freunden eine Wanderung mit Laternen durch den kleinen Wald und haben ihnen Geschichten vom Ritter Wilhelm von Rundorp erzählt, der gegen die Räuber kämpfte, die hier damals hausten. Unterstützt wurden wir von unseren beiden Nichten, die sich im Wald versteckten und für Gänsehaut-Momente sorgten. 

Heute ist es für mich schön, all die Babys aufwachsen zu sehen, die in unserer Straße geboren wurden. Die Jüngsten sind gerade ein paar Monate alt. Da der Blautannenweg eine Spielstraße ist, wünsche ich mir für all die Kleinen mehr Nachsicht bei den Autofahrern, die unsere Straße als Durchgangsstraße nutzen und oft zu schnell fahren. 

Es klingelt. Meine Nachbarin fragt, ob sie was vom Markt mitbringen soll. Ich habe so liebe Nachbarn. Wir kennen und helfen uns. Wir halten Schwätzchen oder halten uns gegenseitig, wenn es mal nicht so gut geht. Wer kein Auto hat oder wie ich gerade nicht fahren darf, wird mitgenommen oder fährt mit einem der Busse in Richtung Hauptbahnhof oder nach Rodenkirchen. Rewe, Blumengeschäft und Lotto gibt es fast nebenan. In der Tennishalle mit ihren guten In- und Outdoor Plätzen kann man sich sportlich betätigen sowie sich im wundervollen Biergarten nach dem Sport stärken. Im italienischen Restaurant Il Valentino oder beim Griechen Dimi auf der Hauptstraße kann man den Abend bei leckerem Essen verbringen. 

Ja, der Blautannenweg ist meine Heimat, meine Arbeitsstätte, meine Inspiration. Hier lebe und arbeite ich gerne und hoffentlich auch noch sehr, sehr lange. Prost Neujahr! 

Nächsten Monat spazieren wir zwei Ecken weiter und besuchen den Lindenweg. Wollen Sie uns „Ihre Straße“ auch einmal vorstellen? Schreiben Sie an: newsletter@dorfgemeinschaft.koeln

Meine Straße: Das Schwalbental Vorgestellt von Petra Zirwes

Wer einmal im Schwalbental sesshaft geworden ist, geht so schnell nicht wieder weg. Meint Immobilienexpertin Petra Zirwes. Sie muss es wissen, denn die diplomierte Architektin hat Erfahrung, was eine gute Wohnlage ausmacht. Ihre Familie wohnt hier mit drei Generationen unter einem Dach. Silvester wird in der kleinen Straße in Hochkirchen gemeinsam mit den Nachbarn gefeiert. Doch jetzt wird erst einmal der Weihnachtsschmuck ausgepackt.

Manchmal denke ich, die Herrschaften von der Stadt haben sich in den 50-er Jahren noch richtig Gedanken gemacht über Straßennamen, denn man sieht auch heute noch, gemütlich zum Plaudern versammelt, die Schwalben hier auf den Oberleitungen sitzen und vom Rabengrund aus fährt man tatsächlich leicht in ein Tal. Noch heute sind die Schwalbentaler Häuser durch die oberirdische Stromleitung miteinander verbunden, wie Perlen an der Perlenkette.

Hier in Hochkirchen nicht unweit der Hauptstraße in einer ruhigen Sackgasse ohne Durchgangsverkehr entstanden die ersten Häuser in den 50-er Jahren, solche, wie man sie häufig gesehen hat im Dorf. Wohnzimmer, Schlafzimmer, Wohnküche, Mini-Bad, Dachboden zum Trocknen; im Keller wohnte zuerst das Schwein, später, über eine Rampe gelangte der PKW in die tiefer gelegte Garage. Der Nutzgarten diente der Selbstversorgung. Die tiefen Grundstücke ermöglichten eine intensive Nutzung des Gartens für Obst und Gemüse. Während die meisten Gemüseanbauten inzwischen verschwunden sind, gibt es immer noch zahlreiche Obstbäume, von Kirschen, über Pfirsiche und Feigen bis hin zu Walnüssen in den Gärten der Straße. Zur Erntezeit wird auch heute noch das ein oder andere Kilo Obst über den Gartenzaun zum Nachbarn gereicht, die vergrabenen Walnüsse der Eichhörnchen findet man ganzjährig im Garten und in den Blumentöpfen.

Das Letzte der nur neun Häuser der Straße wurde 1968 fertiggestellt. Damals reichte der Blick vom Ende der Straße noch bis zur Anne-Frank-Schule über das Trafo-Häuschen (die alte ev. Kirche) und weiter bis zum Friedhof. Da, wo heute hunderte von Häusern stehen, war damals noch eine große freie Fläche. Das Grundstück am Ende des Schwalbentals, welches heute den Froschkönigweg mit seinen Reihenhäusern aus den 80-iger Jahren beherbergt, war damals noch ein großer Erdhaufen mit einem Teich und Enten. Ein Paradies und Abenteuerspielplatz für uns Kinder.

In vielen Häusern wohnt heute noch die 2. Generation von damals und in manche ist sogar schon die 3. Generation eingezogen. Es scheint, wer einmal im Schwalbental sesshaft geworden ist, der geht so schnell nicht wieder weg. Wenn Hilfe gebraucht wird, dann ist auf die Schwalbentaler immer noch Verlass. So wie zuletzt beim schlimmen Hochwasser 2017, als nahezu alle Keller, teilweise bis fast zur Decke, unter Wasser standen. Da wurde spontan ein kleines Buffet für die fleißigen Feuerwehrleute auf der Straße aufgebaut und man stand sich gegenseitig mit Rat und Tat zur Seite. 

Auch ich wohne mit drei Generationen unter einem Dach im Schwalbental, wo in den kommenden Wochen weihnachtlicher Schmuck in den Vorgärten und Lichter an den Häusern für eine ganz besondere Atmosphäre sorgen werden. Einer unserer Nachbarn hat seine dekorativen Sterne sogar selbst geschmiedet. Nur unsere gemeinsamen Adventsnachmittage sind leider etwas seltener geworden. 

Ja, ich freue mich darauf, hier mit meiner Familie und guten Freunden Weihnachten zu feiern. Und mit allen Nachbarn in der Silvesternacht auf unserer kleinen Straße auf ein gutes Neues Jahr anzustoßen!

Meine Straße: Dreikönigenstraße

Unser Kater braucht mehr Auslauf. Also eine neue Bleibe am Stadtrand von Köln suchen! Dem Tier zuliebe zog es Werner Jäger 1984 von Zollstock nach Rondorf in die Dreikönigenstraße. Als viel beschäftigter Dachdecker und Gutachter hat er zudem von oben einen ganz besonderen Überblick über das Alltagsgeschehen unten. Alles gut in seiner Lieblingsstraße? Immerhin, selbst der Fluglärm stört ihn kaum: „Wenn ich morgens den Gemüseflieger höre, weiß ich, dass ich bald aufstehen muss“. Und sonst?

Wir haben mit unseren Kindern und unserem Kater „Mohr“ in der Dreikönigenstraße bis 1987 erst zur Miete gewohnt. Dann konnten wir das Eckhaus Dreikönigenstr. 29b kaufen. Erste Erfahrung: Viel Bürgersteig, viel Unkraut zupfen, viel Schnee schippen. Das Markante an der Dreikönigenstraße ist der wuchtige Getreidespeicher (der ehemalige Kirchturm der katholischen Gemeinde Heilige Drei Könige, dem die Dreikönigenstraße ihren Namen verdankt), den ich Ende der 60er Jahre zum ersten Mal gesehen habe und ganz erstaunt war, dass es sich bei diesem Turm nicht um einen Getreidespeicher, sondern um einen Kirchturm handelte (das Kirchenschiff hinter dem Turm konnte ich von der Straße aus nicht sehen).

Als wir 1984 in die Dreikönigenstraße gezogen sind, waren große Bereiche der Straße noch Felder, wo heute Einfamilienhaus-Siedlungen stehen. Unser Sohn hat damals mit Freunden an einem der an die Felder grenzenden Häuser ein Kellerfenster eingeschmissen und wurde prompt erwischt. Erfreuliches Ergebnis: Zwischen der Besitzerin des Hauses und meiner Frau hat sich in der Folgezeit eine lange, durch unsere Hunde entstandene Freundschaft entwickelt. Es gab von der Hausbesitzerin seitdem jedes Jahr zum Geburtstag meiner Frau eine leckere Buttercremetorte. Wofür eingeworfene Scheiben nicht alles gut sind!

Ende der 80er Jahre habe ich, da ich ja sonst nichts Besonderes zu tun hatte (ironisch gemeint!) eine Pfadfindergruppe aufgemacht. Zuerst, zum Leidwesen meiner Frau, auf unserer Wohnzimmercouch, die mit der Zeit zu klein wurde. Auf der Suche nach einem Gruppenraum habe ich sowohl bei der katholischen als auch bei der evangelischen Kirchengemeinde angefragt und letztendlich in der evangelischen Gemeinde einen Raum gefunden.

Alleine aus unserer Straße hatte ich sieben Kinder in unserer Pfadfindergruppe und das Ganze hat sich im Laufe der Zeit zu einem Stamm mit allen drei Zügen gebildet: Wölflinge (6 – 12 Jahre), Jungpfadfinder (12 – 14 Jahre), Pfadfinder (14 – 18 Jahre) und Rover (ab 18). Wir hatten sogar eine lange Warteliste mit Anfragen. Als alles gut lief, habe ich mich zurückgezogen und die Leitung den jungen Leuten übergeben. Leider hatten diese es dann aber versäumt, für Führungsnachwuchs zu sorgen. Als die Gruppenleiter dann zum Studium auf diverse Unis gingen, ist diese ganze Pfadfindergeschichte leider wieder auseinandergefallen.

Straßen haben für mich schon von Berufs wegen immer etwas ganz Besonderes. Wenn ich zum Beispiel als Dachdecker im Rahmen von Wartungsarbeiten auf den Dächern der evangelischen Gemeinde in der Carl-Jatho-Straße zu tun habe, habe ich vom Kirchturm aus einen sehr guten Überblick über den südlichen Teil der U-förmig verlaufenden Dreikönigenstraße, die mittlerweile komplett zugebaut ist.

Wie war das zum Beispiel noch mit der alten Bäuerin, die im Bogen der Dreikönigenstraße in den 80er Jahren ein kleines Feld mit Gemüse bepflanzte, durch das auch Hühner liefen? Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass sie, wenn sie das Feld bearbeitete, die getrocknete Katzen- und Hundesch… aufgenommen und einfach auf die Straße geworfen hat. Daran muss ich des Öfteren denken. Ich liebe es nämlich, die Hinterlassenschaften von Hunden anderer Leute vom Bürgersteig vor unserem Grundstück zu entfernen. (Ist ironisch gemeint, bitte nicht kommen und die Hunde extra vor unserem Haus ihr Geschäft machen lassen!)

In der Dreikönigenstraße gibt es auch Hunde. Kleine, mittlere, große und sehr große. Auch wir haben einen Hund, genannt Leo, einen Australien Shepherd. Es ist der fünfte Hund, der mit uns in der Dreikönigenstraße lebt und wie alle Hunde und Katzen vor ihm ein Familienmitglied ist. Denn damit sie mich nicht missverstehen: Ich liebe Hunde. Aber …

Im nach Norden weisenden Straßenbogen der Dreikönigenstraße befand sich lange Zeit der Parkplatz der ehemaligen Kneipe „Treffpunkt“, wo an Wochenenden im Saal öfter bei Discoveranstaltungen der Bär los war. Nachts zogen die jungen Leute laut redend und mit Bierflaschen bewaffnet durch unsere Straße. Heute ist der „Treffpunkt“ nur noch eine Bauruine.

Was einmal daraus wird?

Manchmal kurven bei uns abends Leute mit ihren Autos suchend durch die friedliche Dreikönigenstraße. Was suchen die? Sie suchen den Veranstaltungsort „Stollwerk“ in der Dreikönigenstraße im Severinsviertel und landen, weil sie die falsche Postleitzahl in ihr Navi eingegeben haben, bei uns in Rondorf. Wenn es dann schon kurz vor 20:00 Uhr ist, dann wird es bis zum Stollwerk, in dem die Veranstaltungen um 20:00 Uhr beginnen, sehr knapp!

Man kennt sich in der Dreikönigenstraße und man grüßt sich. Manchmal führen wir auch längere Gespräche über Gott und die Welt. Ich bin in Rondorf bekannt wie eine bunte Kuh, habe aber oft Schwierigkeiten, die Leute, die mich grüßen, einzuordnen. Entschuldigung! Ich bin froh, hier zu leben, ich lebe gerne hier und hoffe, dass ich das noch einige Jahre tun darf. „Inschallah“.

Zum Schluss meines Reports über meine Straße noch das: In Zollstock war es laut. In der Eifel, in der wir ein Ferienhaus haben und dort öfter an Wochenenden und Feiertagen weilen, ist es besonders an Wochenenden laut, da die jungen Leute mit ihren oft getunten Autos des nachts durch den Ort brettern. In Rondorf in der Dreikönigenstraße ist es dagegen am Wochenende richtig ruhig (Ausnahme siehe oben: frühere Discoveranstaltungen beim Treffpunkt). An den Fluglärm habe ich mich längst gewöhnt und er stört mich nicht mehr. Ich weiß, wenn ich morgens den Gemüseflieger höre, dass ich bald aufstehen muss. In der Eifel hingegen sind unsere Kinder und wir manchmal tagsüber fast von den Stühlen gekippt, wenn Tiefflieger das Unterfliegen von Radaranlagen im Kylltal übten. Man sah nur einen großen Schatten und erst dann kam das ohrenbetäubende Getöse des meist amerikanischen Kampfjets.

Ich wünsche uns allen ein friedliches und tolerantes Miteinander, damit unsere Welt besser wird.

Ihr Werner Jaeger aus der Dreikönigenstraße. 

In jeder Ausgabe des Newsletters SÜDBLICK stellt ein Bürger „seine“ Straße vor, in der er lebt. Wollen Sie uns auch Ihre Straße ganz persönlich zeigen? Vielleicht eine charmante Liebeserklärung – oder eher eine bittere „Abrechnung“? Alltagserlebnisse: Schön, skurril, traurig …. Was gefällt und was gefällt weniger an „Ihrer“ Straße? Was nervt dort richtig? Was klappt überhaupt nicht? Was schätzen Sie? Was vermissen Sie? Schreiben Sie an: newsletter@dorfgemeinschaft.koeln

Meine Straße: Die Habichtstraße

Die Habichtstraße ist zwar nur eine von 5.254 Straßen in Köln – aber für SÜDBLICK-Leser Peter J. Bach etwas ganz Besonderes. Für Ortsunkundige kann die Fahrt durchaus unvermittelt an zwei mächtigen Pollern enden. Doch am anderen Ende der Straße findet der Kundige sogar Lamas.

Besuchern der Habichtstraße in Rondorf, die sich mit Hilfe ihres GPS-Geräts führen lassen, kann es passieren, dass sie „verführt“ werden. Denn die Habichtstraße hat einen blinddarmähnlichen Fortsatz, der nicht für Autos ausgebaut ist und von der Rodenkirchener Straße kommend vor zwei Pollern endet, die die Durchfahrt zu dem anderen Teil der Habichtstraße verhindern. Der durchgängige Weg zur Habichtstraße führt korrekt über die Reiherstraße und den richtigen Weg erkennt man an dem Hinweis- Schild: Achtung Sackgasse – keine Wendemöglichkeit!

Und tatsächlich endet die Habichtstraße abrupt an einem Zaun. Dahinter ist Wiese, mal mit natürlich frei wachsendem Gras, mal gemäht, und immer wieder auch die Aufgabe erfüllend, Tieren eine Weide zu sein. Das abrupte Ende der Straße erinnert an die Planung der neuen Siedlung, die durch den Verkauf der landwirtschaftlichen Nutzfläche an den Immobilieninvestor Otto Aue Ende der Siebzigerjahre mit 15 Reihenhäusern begann. Als die ersten Häuser bezogen wurden, gab es keine gebaute Straße, sondern nur einen festgefahrenen Ackerweg, der bei Regen zur Freude der Kinder zu einer herrlichen Matsch-Spielstraße wurde.

Nach einiger, für die Anwohnerkinder kurzweiligen Zeit baute die Stadt eine geteerte Straße mit Bürgersteigen und die Ordnung kehrte in die Habichtstraße ein – und endet am Sackgassenzaun.

Anfänglich tummelten sich hinter diesem Zaun die Schweine und gaben uns Städtern das Gefühl der ländlichen Idylle, was den Umzug in ein Eigenheim zusätzlich versüßte. Es waren für uns schon damals „freilaufende“ Schweine, die fast täglich aus ihrem Stall hinaus durften und so an das traditionelle „Sau rauslassen“ erinnerten.

Auch eine große Muttersau war dabei, die zu unserem Leidwesen das Besteigen des herbeigebrachten Ebers mit Knochenbruch bezahlen musste und mit dem Traktor des freundlichen Bauern August Füssenich abtransportiert wurde. Noch heute, 40 Jahre später, erfreuen wir uns an der bäuerlichen Nachbarschaft. Jahrelang bevölkerten im Frühjahr Junggänse die Wiese und schnatterten lustig in großer Gemeinschaft durch das Jahr, bis auch sie die alljährlich wiederkehrende Gänsebraten-Saison im November hinraffte. Inzwischen wird die Grasfläche von wechselnden Grasfressern besiedelt und führt zu regelmäßigen Besuchern der Habichtstraße, die Ihren Kindern die hier noch existierende Ländlichkeit des ehemaligen Dorfes Rondorf zeigen.

In letzter Zeit waren neben Schafböcken, die zur koscheren Schlachtung bestimmt, zwischendurch friedlich weiden durften, auch Lamas zu sehen. Stumm und ratlos schauten sich diese Tiere aus den Anden um und fragten sich vielleicht, wie es mit der Wiese am Ende der Habichtstraße wohl weitergehen wird. Kommt die Verlängerung zur Hahnenstraße und damit das Ende der Sackgasse oder darf die Beschaulichkeit einer Straße, die noch keine Durchgangsstraße ist, ihren Dornröschenschlaf weiter genießen?

Historisch gesehen wurde der anfängliche Siedlungskomplex durch den Straßenbau getrennt. Die etwas höher gelegenen Häuser, deshalb auch scherzhaft „Oberdorf“ genannt, liegen heute an der Reiherstraße. Erst Anfang der achtziger Jahre kam die Reihenhauszeile an der Ostseite der Habichtstraße hinzu. Aufgrund der Himmelsausrichtung der Vorgärten nach Südwesten entstanden lauschige Plätze in der Abendsonne vor der Haustüre und ermöglichten eine freundliche Kommunikation unter den Anwohnern.

Dies führte zu einer Gemeinschaft, deren Dynamik anfänglich zu spontan organisierten Straßenfesten führte. Mit den Jahren wurde das Straßenfest immer perfekter und professioneller bis hin zu Bierstand und Grillstation (nur ohne Toilettenhäuschen, da jeder nach Hause gehen konnte). Am Ende kam sogar der Spielmannszug Blau-Weiß Rondorf und brachte ein Ständchen. 

Heute sind wir Habichtsträßler der ersten Stunde älter geworden, einige haben uns verlassen, einige sind weggezogen und andere sind dazugekommen. Die Kinder der Gründergeneration besuchen jetzt ihre Eltern, die noch in dem Zuhause ihrer eigenen Kindheit wohnen. Es ist ruhiger geworden, der Generationenwechsel vollzieht sich langsam. Und so freut es umso mehr, dass durch Zuzug und durch die Enkelkinder der Gründergeneration wieder Kinder die Sackgasse beleben. Deshalb: Achtung an alle Autofahrer, die am Montagnachmittag am Ende der Straße wenden wollen oder einen Parkplatz für einen Einkauf suchen, denn dann ist die Habichtstraße durch mobile Poller zur Spiel-Straße für die Kinder der Kinder umfunktioniert und wird zu allerlei Spielstraßenaktivitäten genutzt. Doch auch zu anderen Zeiten bitten wir die Autofahrer, nicht in die Habichtstraße zu rasen, auch wenn sie ihr GPS diesmal richtig geführt hat.

Damit das Leben in der Habichtstraße munter weitergehen kann.

In jeder SÜDBLICK-Ausgabe stellt ein Bürger ganz persönlich „seine“ Straße vor, in der er lebt. Wollen Sie Ihrer Straße auch eine charmante Liebeserklärung schreiben oder einmal loswerden, was Sie dort so richtig nervt? Schreiben Sie an: newsletter@dorfgemeinschaft.koeln