Meine Straße: Dreikönigenstraße
Unser Kater braucht mehr Auslauf. Also eine neue Bleibe am Stadtrand von Köln suchen! Dem Tier zuliebe zog es Werner Jäger 1984 von Zollstock nach Rondorf in die Dreikönigenstraße. Als viel beschäftigter Dachdecker und Gutachter hat er zudem von oben einen ganz besonderen Überblick über das Alltagsgeschehen unten. Alles gut in seiner Lieblingsstraße? Immerhin, selbst der Fluglärm stört ihn kaum: „Wenn ich morgens den Gemüseflieger höre, weiß ich, dass ich bald aufstehen muss“. Und sonst?
Wir haben mit unseren Kindern und unserem Kater „Mohr“ in der Dreikönigenstraße bis 1987 erst zur Miete gewohnt. Dann konnten wir das Eckhaus Dreikönigenstr. 29b kaufen. Erste Erfahrung: Viel Bürgersteig, viel Unkraut zupfen, viel Schnee schippen. Das Markante an der Dreikönigenstraße ist der wuchtige Getreidespeicher (der ehemalige Kirchturm der katholischen Gemeinde Heilige Drei Könige, dem die Dreikönigenstraße ihren Namen verdankt), den ich Ende der 60er Jahre zum ersten Mal gesehen habe und ganz erstaunt war, dass es sich bei diesem Turm nicht um einen Getreidespeicher, sondern um einen Kirchturm handelte (das Kirchenschiff hinter dem Turm konnte ich von der Straße aus nicht sehen).
Als wir 1984 in die Dreikönigenstraße gezogen sind, waren große Bereiche der Straße noch Felder, wo heute Einfamilienhaus-Siedlungen stehen. Unser Sohn hat damals mit Freunden an einem der an die Felder grenzenden Häuser ein Kellerfenster eingeschmissen und wurde prompt erwischt. Erfreuliches Ergebnis: Zwischen der Besitzerin des Hauses und meiner Frau hat sich in der Folgezeit eine lange, durch unsere Hunde entstandene Freundschaft entwickelt. Es gab von der Hausbesitzerin seitdem jedes Jahr zum Geburtstag meiner Frau eine leckere Buttercremetorte. Wofür eingeworfene Scheiben nicht alles gut sind!
Ende der 80er Jahre habe ich, da ich ja sonst nichts Besonderes zu tun hatte (ironisch gemeint!) eine Pfadfindergruppe aufgemacht. Zuerst, zum Leidwesen meiner Frau, auf unserer Wohnzimmercouch, die mit der Zeit zu klein wurde. Auf der Suche nach einem Gruppenraum habe ich sowohl bei der katholischen als auch bei der evangelischen Kirchengemeinde angefragt und letztendlich in der evangelischen Gemeinde einen Raum gefunden.
Alleine aus unserer Straße hatte ich sieben Kinder in unserer Pfadfindergruppe und das Ganze hat sich im Laufe der Zeit zu einem Stamm mit allen drei Zügen gebildet: Wölflinge (6 – 12 Jahre), Jungpfadfinder (12 – 14 Jahre), Pfadfinder (14 – 18 Jahre) und Rover (ab 18). Wir hatten sogar eine lange Warteliste mit Anfragen. Als alles gut lief, habe ich mich zurückgezogen und die Leitung den jungen Leuten übergeben. Leider hatten diese es dann aber versäumt, für Führungsnachwuchs zu sorgen. Als die Gruppenleiter dann zum Studium auf diverse Unis gingen, ist diese ganze Pfadfindergeschichte leider wieder auseinandergefallen.
Straßen haben für mich schon von Berufs wegen immer etwas ganz Besonderes. Wenn ich zum Beispiel als Dachdecker im Rahmen von Wartungsarbeiten auf den Dächern der evangelischen Gemeinde in der Carl-Jatho-Straße zu tun habe, habe ich vom Kirchturm aus einen sehr guten Überblick über den südlichen Teil der U-förmig verlaufenden Dreikönigenstraße, die mittlerweile komplett zugebaut ist.
Wie war das zum Beispiel noch mit der alten Bäuerin, die im Bogen der Dreikönigenstraße in den 80er Jahren ein kleines Feld mit Gemüse bepflanzte, durch das auch Hühner liefen? Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass sie, wenn sie das Feld bearbeitete, die getrocknete Katzen- und Hundesch… aufgenommen und einfach auf die Straße geworfen hat. Daran muss ich des Öfteren denken. Ich liebe es nämlich, die Hinterlassenschaften von Hunden anderer Leute vom Bürgersteig vor unserem Grundstück zu entfernen. (Ist ironisch gemeint, bitte nicht kommen und die Hunde extra vor unserem Haus ihr Geschäft machen lassen!)
In der Dreikönigenstraße gibt es auch Hunde. Kleine, mittlere, große und sehr große. Auch wir haben einen Hund, genannt Leo, einen Australien Shepherd. Es ist der fünfte Hund, der mit uns in der Dreikönigenstraße lebt und wie alle Hunde und Katzen vor ihm ein Familienmitglied ist. Denn damit sie mich nicht missverstehen: Ich liebe Hunde. Aber …
Im nach Norden weisenden Straßenbogen der Dreikönigenstraße befand sich lange Zeit der Parkplatz der ehemaligen Kneipe „Treffpunkt“, wo an Wochenenden im Saal öfter bei Discoveranstaltungen der Bär los war. Nachts zogen die jungen Leute laut redend und mit Bierflaschen bewaffnet durch unsere Straße. Heute ist der „Treffpunkt“ nur noch eine Bauruine.
Was einmal daraus wird?
Manchmal kurven bei uns abends Leute mit ihren Autos suchend durch die friedliche Dreikönigenstraße. Was suchen die? Sie suchen den Veranstaltungsort „Stollwerk“ in der Dreikönigenstraße im Severinsviertel und landen, weil sie die falsche Postleitzahl in ihr Navi eingegeben haben, bei uns in Rondorf. Wenn es dann schon kurz vor 20:00 Uhr ist, dann wird es bis zum Stollwerk, in dem die Veranstaltungen um 20:00 Uhr beginnen, sehr knapp!
Man kennt sich in der Dreikönigenstraße und man grüßt sich. Manchmal führen wir auch längere Gespräche über Gott und die Welt. Ich bin in Rondorf bekannt wie eine bunte Kuh, habe aber oft Schwierigkeiten, die Leute, die mich grüßen, einzuordnen. Entschuldigung! Ich bin froh, hier zu leben, ich lebe gerne hier und hoffe, dass ich das noch einige Jahre tun darf. „Inschallah“.
Zum Schluss meines Reports über meine Straße noch das: In Zollstock war es laut. In der Eifel, in der wir ein Ferienhaus haben und dort öfter an Wochenenden und Feiertagen weilen, ist es besonders an Wochenenden laut, da die jungen Leute mit ihren oft getunten Autos des nachts durch den Ort brettern. In Rondorf in der Dreikönigenstraße ist es dagegen am Wochenende richtig ruhig (Ausnahme siehe oben: frühere Discoveranstaltungen beim Treffpunkt). An den Fluglärm habe ich mich längst gewöhnt und er stört mich nicht mehr. Ich weiß, wenn ich morgens den Gemüseflieger höre, dass ich bald aufstehen muss. In der Eifel hingegen sind unsere Kinder und wir manchmal tagsüber fast von den Stühlen gekippt, wenn Tiefflieger das Unterfliegen von Radaranlagen im Kylltal übten. Man sah nur einen großen Schatten und erst dann kam das ohrenbetäubende Getöse des meist amerikanischen Kampfjets.
Ich wünsche uns allen ein friedliches und tolerantes Miteinander, damit unsere Welt besser wird.
Ihr Werner Jaeger aus der Dreikönigenstraße.
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